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11.12.2015 10:21 Alter: 8 yrs
Kategorie: Nachhaltigkeit

Zukunftstechnologie mit Anlaufschwierigkeiten

Wird Liquefied Natural Gas (LNG) künftig Energieträger für Verkehr und Industrie? In der Seeschifffahrt ist LNG bereits als Alternative zu Schweröl akzeptiert. Eine aktuelle Studie der BTO Management Consulting AG aus Berlin zeigt, aus Sicht von Branchenexperten bietet LNG ein großes Potenzial für neue Nutzergruppen. Christian Schneider (li.), Vorstand und Partner und Philip Maximilian Braunschweig, Berater von BTO AG beleuchten als Autoren wesentliche Aspekte dieser Studie.


Fotos: Lichtschwärmer - Christo Libuda

Die Diskussion um LNG hat auch Deutschland erreicht. Kann doch LNG in verschiedenen Branchen unter Aspekten der Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit und Energiesicherheit Vorteile bieten, wie erste Leuchtturmprojekte zeigen. LNG kann für verschiedene Nutzergruppen eine sinnvolle Alternative sein: Die Seeschifffahrt, die Binnenschifffahrt, die Logistikbranche, die Industrie, Stadtwerke und der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), der Schienenverkehr sowie die Luftfahrt.

Zunehmend ökonomische und ökologische Aspekte sprechen dafür, Erdgas kann als alternativer Kraftstoff und als Energieträger eine wichtige Rolle spielen. LNG wird dabei von der Politik und von Akteuren der Wirtschaft als Option gesehen. Unsere Studienergebnisse haben ergeben, dass LNG unangefochten auf Platz eins der potenziellen Substitute für rohölbasierte Energieträger steht.

 

Der Transportsektor kann am meisten profitieren

Durch Einsatz von LNG können Unternehmen, insbesondere aus dem Transportsektor, ihre operativen Kosten signifikant reduzieren. Allerdings erfordert ein Energieträgerwechsel zunächst ein Mehrinvestment, daß sich durch niedrigere operative Kosten amortisieren muss. Entscheidend ist hier der Preisunterschied zwischen LNG und Diesel, der momentan aufgrund des starken Ölpreisverfalls nur noch bedingt gegeben ist. Jedoch ergeben sich auch weitere Vorteile, beispielsweise durch geringere Emissionen von CO2 und Rußpartikeln und durch eine niedrigere Geräuschbelastung bei LNG-betriebenen LKW.

LNG hat es in Deutschland schwer

Die Bundesregierung hat sowohl in ihrem Koalitionsvertrag als auch in der im Sommer 2015 erschienenen Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie LNG als potenziellen Zukunftsenergieträger erkannt. Eine Etablierung in der Breite kommt aber nur schleppend voran. Denn Infrastrukturanbieter und LNG-Lieferanten benötigen einen liquiden Markt oder aber Abnahmegarantien durch LNG-Nutzer für die Freigabe von Investitionen. Insbesondere das Fehlen einer gut ausgebauten Distributionsinfrastruktur (Bunker terminals und Tankstellen) ist derzeit das größte Hemmnis für die Nutzung von LNG.

 

Logistikunternehmen und Stadtwerke hinken hinterher

Die BTO-Studie zeigt, dass sich vor allem Unternehmen aus der See- und Binnen schifffahrt und der Industrie mit dem Thema LNG beschäftigen und Handlungsoptionen prüfen. Bei Stadtwerken und Logistikunternehmen stellt sich die Lage anders dar. Hier besteht eine signifikante Unkenntnis über das Thema LNG, seine Vorteile und mögliche Anwendungsgebiete. Dabei bietet sich auch bei Stadtwerken eine Nutzung von LNG an. Geschäftsfelder können die Lieferung von LNG an Endverbraucher ohne Gasnetzanschluss sowie die Einführung von LNG als Treib stoffsubstitut für Diesel im ÖPNV sein. Weiterhin lässt sich LNG als Brennstoff für den Lastausgleich oder die Spitzenlast abdeckung im Geschäftsfeld der Systemdienstleistungen anwenden. Die Substitution von Pipelinegas durch LNG kann in Hochpreiszeiten ökonomisch sehr interessant sein.

Wirtschaftlichkeit und Gesetzgebung sind entscheidend

Durch hohe Anschaffungs- bzw. Umrüstungskosten für LNG-betriebene LKW oder Binnenschiffe, niedrige Rohölpreise und hohe Kosten bei Pionierunternehmen ist die Wirtschaftlichkeit heutiger LNG-Projekte nur schwer darstellbar. Bei konstant niedrigen Rohölpreisen wird sich ein Umstieg auf LNG aus wirtschaftlicher Sicht nicht lohnen, außer, der Gesetzgeberschafft entsprechende Anreize.

Die ökologischen Vorteile von LNG können einerseits zur Erfüllung von Abgas- und Umweltnormen beitragen. Andererseits lassen sich die umweltschonende Herstellung von Waren und der Aufbau von grünen Logistikketten zur Imagepflege von Unternehmen nutzen. LKW und Binnenschiffe mit LNG-An trieb sind dafür bereits auf den Markt. Das ausschlaggebende Kriterium bleibt also die Wirtschaftlichkeit und der gesetzliche Rahmen.

 

Das Niederländische Modell als Lösung für Deutschland?

Im europaweiten Vergleich haben sich die Niederlande die ehrgeizigsten Ziele im Bereich LNG gesetzt. Mit Tankstellen und LNG-betriebenen LKW liegt das Land europaweit an der Spitze. Möglich wurde dies durch Steuervorteile für LNG und ein nächtliches Fahr verbot für Diesel-LKW in den Innenstädten zur Reduktion der Lärmbelastung.

Zudem hat die Regierung mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit sogenannte Green Deals unterzeichnet. Hierbei verpflichten sich alle Parteien das Thema LNG zu forcieren und Investitionen zu tätigen. Die Koordination erfolgt durch eine nationale LNG-Plattform.

Zukunftstechnologie LNG? Die Politik ist gefordert!

Das Fehlen einer Distributionsinfrastruktur, mangelnder politischer Wille und Fehlen eines gesetzlichen Rahmens erschweren ebenso wie mangelnde Standardisierung von Betan kungsequipment und das Fehlen eines effizienten Anreizsystems die Platzierung von LNG. Aktuell verringern sich auch die ökonomi schen Vorteile von LNG aufgrund des niedrigen Rohölpreises. Um einem Scheitern der Zukunftstechnologie vorzubeugen, sollte die Politik folgende Punkte in die Überlegungen zu LNG einbeziehen: 

  1. Anregung einer öffentlichen Diskussion um die Akzeptanz des Energieträgers LNG;
  2. Schaffung einer nationalen Plattform zur Unterstützung und Koordination von Marktakteuren;
  3. Gesetzliche Standards für Betankungs- und Lagerungsinfrastruktur;
  4. Auflegen effizienter Anreizprogramme;
  5. Initiative für ein paneuropäisches Forum zum Austausch von Erfahrungen und für die Koordination von länderübergreifenden Aktionsplänen.

Die europäische Politik hat sich klar zur Förderung von LNG bekannt. Deutschland als Transit- und Industrieland jedoch droht ins Hintertreffen zu geraten. Nun wird der politische Wille gebraucht um das Thema LNG weiterzubringen. Ansonsten wird die Zukunfts technologie LNG Zukunft bleiben. Zum Nachteil für Umwelt und Wirtschaft.

www.bto.ag