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Wärmewende - nicht ohne ausreichende Finanzierung
„Es macht volkswirtschaftlich Sinn, Kunden perspektivisch klimaneutrale Wärme aus einem Fernwärmenetz anzubieten.“
Die Wärmewende – der Umbau der Wärmeversorgung hin zu klimaneutralen Technologien – ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende in Deutschland. Doch bislang verläuft sie nicht in dem Tempo, wie das zum Erreichen der nationalen Klimaziele notwendig wäre. Denn ein Spannungsfeld bleibt die Finanzierung, wie Andreas Reinhardt, Geschäftsführer der Stadtwerke Lutherstadt Wittenberg in einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin reflektiert.
Um eine erfolgreiche Wärmewende sicherzustellen und das Vertrauen aller Akteure zu stärken, ist eine zügige und praxistaugliche Präzisierung der Zielrichtungen und Maßnahmen erforderlich. Dabei braucht es keinen vollständigen Systemwechsel, stattdessen aber Verlässlichkeit, Klarheit und Vereinfachungen in einem ausgereiften und realistischen Gesamtkonzept für eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Und was für Stadtwerke essentiell ist: Die Wärmewende erfordert erhebliche Investitionen, die über mehrere Legislaturperioden hinauswirken – etwa in den Ausbau von Wärmenetzen, die energetische Sanierung von Gebäuden oder den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme.
Kernpunkt bleibt die Finanzierung
Die Wärmewende wird durch eine Kombination aus staatlicher Förderung und privaten Investitionen finanziert. Damit die Wärmewende weiter konsequent umgesetzt werden kann und in der öffentlichen Wahrnehmung eine für alle tragbare und langfristig konsensfähige klimaneutrale Wärmeversorgung etabliert werden kann, ist eine ständige Reflektion der Förderkonzepte und eine faire Verteilung der Kosten existenziell.
Denn es gibt einen Knackpunkt bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung: Es dauert oft Jahre oder Jahrzehnte, bis sich die hohen Investitionskosten amortisiert haben. Gerade deshalb sind ein verlässlicher gesetzlicher Rahmen sowie gezielte Förderhebel entscheidend.
Örtliche Situation berücksichtigen
Und es gilt, unbedingt die örtliche Situation zu berücksichtigen. In unserem Bundesland Sachsen-Anhalt werden derzeit rund zwei Drittel der Wohnungen noch mit fossilen Brennstoffen, mit Öl oder Gas, beheizt. Nur etwa 15 Prozent der Haushalte werden mit Fernwärme versorgt. In Lutherstadt Wittenberg sind es rd. 20 Prozent.
Der Weg in Richtung Klimaneutralität wird deshalb nicht gradlinig und schnell verlaufen.
Politische Vorgaben vs. Umsetzung
Der Umbau unserer Wärmeversorgung erfordert ein hohes Maß an Akzeptanz, Planungssicherheit und Flexibilität beim Einsatz der notwendigen Finanzmittel. In der Kürze der Zeit bis 2045 werden wir ein Vielfaches an Investitionsmitteln aufwenden müssen, um die Zielvorgaben erreichen zu können. Umso wichtiger ist der kluge Einsatz der zur Verfügung stehenden Gelder, die nicht darin münden können, dass wir in ausgewiesenen Gebieten der Wärmenetze einen Anreiz zum Einbau von Wärmepumpen zulassen, obwohl Fernwärmeanschlüsse möglich sind. Weniger erforderlich ist hierbei ein sogenannter Anschluss- und Benutzungszwang, sondern vielmehr das Aufzeigen, dass Fernwärme komfortabel, preiswert und zuverlässig in einem Quartier unter Berücksichtigung einer Vollkostenrechnung abgebildet werden kann.
Gerade bei Bestandsbauten im Bereich der Mehrfamilienhäuser, insbesondere bei bisherigen Systemlösungen von Gasetagenheizungen, kann Fernwärme eine attraktive Wärmequelle darstellen. Vergleichbare Rechnungen aus der Praxis zeigen uns hierbei, dass der Fernwärmeanschluss gegenüber dem Umbau auf eine Großwärmepumpe deutlich günstiger um den Faktor 10 realisiert werden kann (FW-Anschluss 15 T€, WP-Neubau 150 T€).
Daraus lässt sich erkennen, dass es auch volkswirtschaftlich Sinn ergibt und weit mehr Kunden perspektivisch eine klimaneutrale Wärme aus einem Fernwärmenetz nutzen können, als es mit den Summen für die Einzelförderungen von Gebäuden ohne Rücksicht auf Vorranggebiete für Fernwärmenetze derzeit lobbyiert wird.
Schnittstelle Kunden-Wohnungswirtschaft
Gerade die Schnittstelle zwischen Versorgungsund Wohnungswirtschaft muss unter Berücksichtigung der Förderinstrumente BEW (Bundesförderung Effiziente Wärmenetze) und BEG (Bundesförderung Effiziente Gebäude) in den Blick genommen werden.
Die organisierte Wohnungswirtschaft hat nach unserem Kenntnisstand über die Frage der Wärmeversorgung hinaus, weitere herausfordernde Problemstellungen zu lösen (Baukosten, Bauvorschriften, Planungs- und Genehmigungsprozesse), welche viel Zeit und nicht zuletzt finanzielle Mittel erfordern, die insbesondere im Bestand kaum an Mieter und Wohnungseigentümer angemessen weitergereicht werden können.
Herauszuheben ist hierbei die dringend erforderliche Neufassung der Wärmelieferverordnung, welche uns eine Weitergabe der Kosten für „grüne Wärme“ in ihrer jetzigen Fassung kaum möglich erscheinen lässt. Hinzu kommt, das ministerielle Zuständigkeiten einen Zielkonflikt in sich tragen. Die „Wärmelieferverordnung“ ist im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und die ebenso rechtlich bindende „AVB-FW-VO“ im Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz verortet.
Wo ist der Königsweg?

- Die Stadtwerke haben 12 Wärmespeicher mit einem Speichervolumen von je 100 m3 installiert.
Der Speicherinhalt beträgt 36 MWh.
Foto: Stadtwerke
Einen Königsweg zum Lösen dieses Zielkonfliktes gibt es bislang noch nicht, aber eine kluge Ausgestaltung der Förderinstrumente könnte einen Kompromiss darstellen, der im Sinne der Wärmenutzer, Gebäudeeigentümer und der Versorger in Zukunft Anwendung finden kann.
Konkret macht es Sinn, den Umbau vorhandener Heizsysteme durch den Eigentümer mit einem angemessenen Investitionszuschuss bzw. Baukostenzuschuss für den Versorger zu versehen, bei dem zum einen der Arbeitspreis für Wärme (ct/kWh) für den Mieter in Bezug auf die Altverträge abgebildet werden kann und die Wirtschaftlichkeit über die Laufzeit der Wärmelieferverträge für den Versorger verbessert.
Somit bedarf es zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Gesamtsystem für den Endkunden, den Eigentümer/Vermieter und zur Wirtschaftlichkeit für den Versorger lediglich noch der Unterstützung für den Eigentümer/Vermieter hinsichtlich des notwendigen Investitionszuschusses/BKZ, welcher aus dem Förderprogramm „BEG“ gespeist werden könnte.
Letztlich: Stadtwerke können aktuell nur auf Sicht fahren und wir benötigen Klarheit und Stabilität von gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Gelingen eine akzeptierten Wärmewende für alle Marktteilnehmer.
www.stadtwerke-wittenberg.de



