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< Wir müssen mit den Stadtwerken reden
23.07.2025 15:58 Alter: 132 days

Vom Sachbearbeiter zum Data Scientist

„Jedem Kandidaten sollte glaubhaft und authentisch seine Chance zur Mitgestal­tung an einer neuen Erfolgs­geschichte aufgezeigt werden.“


Thomas Hoppe, Partner, Masterpiece GmbH
Foto: Frank Bauer

Die Energiewirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Auch Stadtwerke müssen sich heute schneller anpassen als je zuvor: digitale Technologien, Nachhaltigkeit, verändertes Kundenverhalten – die Herausforderungen sind zahlreich. Das Identifizieren und Gewinnen neuer Fach- und Führungskräfte ist hier erfolgsentscheidend. Ein Branchenwechsel bietet eine Chance, sieht Thomas Hoppe, Partner bei Masterpiece Executive Saerch Advisors, in einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin.

Unternehmen bewegen sich im Spannungsdreieck zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimapolitik. Die Transformation hin zu erneuerbaren Energien verschiebt die Flexibilitäten von der Erzeuger- auf die Verbraucherseite.
Dies erfordert eine tiefgreifende Digitalisierungsstra­tegie, die weit über die bloße Digitalisierung manueller Tätigkeiten hinausgeht. Die zunehmende Bedeutung von KI zur Automatisierung von Prozessen und zur Steuerung von Flexibilitäten bringt auch eine Veränderung der benötigten Qualifikationen der Mitarbeiter mit sich.

Das Identifizieren und Gewinnen neuer Fach- und Führungskräfte ist erfolgsentscheidend für Unternehmen, insbesondere, wenn sie sich in einem Umfeld grundlegender Transformationsprozesse bewegen. Ohne die richtigen Mitarbeiter können Innovationsideen nicht umgesetzt und Transformationsprojekte nicht abgewickelt werden. Oftmals geht es dabei nicht nur um die Nachbesetzung von Ressourcen, sondern um den nötigen kreativen Impuls von außen, der für echte Veränderung benötigt wird. Die erfolgreiche Stellenbesetzung ist der Schlüssel, vielfach aber auch der Engpass für die Realisierung der Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten eines Unternehmens.

Digitalisierung fordert Veränderungen

Stadtwerke sind attraktive Arbeitgeber und zählen zu den tragenden Säulen unserer Städte: Sie sichern Energieversorgung, Mobilität und Lebensqualität. Leider gilt ihr Image oft als verstaubt. Doch wer einen Blick auf die aktuellen Stellenangebote wirft, erkennt schnell – hier findet gerade ein massiver Wandel statt!
Ja, Monteure, Busfahrer und Bademeister werden weiterhin gebraucht. Aber die Liste der neuen Berufsbilder liest sich heute ganz anders:

  • Meteorologen, Analysten, Data Scientists,
  • Programmierer, Trendscouts, Risikomanager oder
  • Modellierer von Power Purchase Agreements (PPAs) sind gefragt.



Die Anforderungen steigen und Stadtwerke konkurrieren plötzlich mit der Industrie um hochqualifizierte Fachkräfte. Warum dieser Wandel? Routineaufgaben wie Sachbearbeitung werden zunehmend durch KI und Automatisierung ersetzt. Effizienter, schneller und rund um die Uhr verfügbar – Technologien wie Bots sind die neuen „Kollegen“. Doch KI ist keine Wunderwaffe.

Es geht künftig um komplexe Aufgaben, die Top-Talente benötigen. KI benötigt Experten, die ganzheitlich bis zum Ende denken und sich stets auch die Akzeptanzfrage durch den Anwender stellen. Doch woher kommen diese Experten, welche in der Energiewirtschaft so dringend gebraucht werden? Wo findet die Branche die quantitativen Analysten, Datenwissenschaftler und Portfoliomanager?

Entscheidender Faktor: Arbeitgeberattraktivität

In Sachen Unternehmensgröße und Entwicklungsmöglichkeiten können große Stadtwerke locker mit Industrieunternehmen mithalten. Die Stadtwerke in München, Köln, Hannover, Frankfurt oder Düsseldorf erzielen beeindruckende Milliardenumsätze. Doch auch die kleineren Versorger sind längst selbstbewusst geworden: Ein kommunales Unternehmen am Bodensee hebt zum Beispiel seine Autonomie und die idyllische Lage als klare Standortvorteile hervor.

Wie attraktiv ein Stadtwerk ist, bestimmt das Management! Ein modernes, innovatives Unternehmen, das Begeisterung entfacht, wird Fachkräfte gewinnen. Doch selbst das reicht nicht, wenn an einer entscheidenden Stellschraube gedreht werden muss: an tarifgebundenen Gehaltsstrukturen. Hier stoßen Stadtwerke oft an Grenzen. Wir erleben immer wieder, dass spannende Kandidaten abspringen, weil es am Jahresgehalt hapert – oft nur um ein paar hundert Euro. Der Satz „Das sprengt unser Gehaltsgefüge“ kommt mir da leider allzu bekannt vor.
Außertarifliche Arbeitsverträge und Transparenz bieten sich hier als eine Lösung an. Warum nicht von Anfang an offen kommunizieren? Neue, hochspezialisierte Rollen rechtfertigen auch eine entsprechende Vergütung. Die Qualität der Belegschaft entscheidet schließlich über die Zukunftsfähigkeit der Stadtwerke!

Talente branchenübergreifend finden

Doch woher kommen diese Experten, welche in der Ener­giewirtschaft so dringend gebraucht werden? Wo findet die Branche die quantitativen Analysten, Datenwissenschaftler und Portfoliomanager? Ein vielversprechender Lösungsansatz liegt in der gezielten Rekrutierung von Talenten aus technologiestarken Industrien wie der Automobilbranche, dem Maschinenbau oder der Informationstechnologie. Diese Branchen haben in den letzten Jahren enorme Innovationssprünge vollzogen und verfügen über Fachkräfte mit wertvollen Fähigkeiten. Digitale Expertise, Problemlösungskompetenz und ein hoher Innovationsgrad – all dies sind Qualifikationen, die in der Energiewirtschaft dringend benötigt werden.

Gerade die Automobilindustrie zeigt, wie erfolgreich der branchenübergreifende Wissenstransfer funktionieren kann. Hersteller wie Tesla, Volkswagen, BMW und Ford haben gezielt Talente aus der IT- und Softwarebranche und der Unterhaltungselektronik rekrutiert, um Innovationen in der Elektromobilität und der autonomen Mobilität voranzutreiben. Tesla etwa hat Führungskräfte und Entwickler von Technologieunternehmen wie Apple, Google und Microsoft gewonnen, um den Fokus auf Software, Batterietechnologie und Ladeinfrastruktur zu stärken. Warum sollten solche Strategien für die Energiewirtschaft tabu sein?

Im Rahmen der Tagung des Weltwirtschaftsforums in Davos wurde im Januar 2025 eine Studie mit einem dringenden Handlungsaufruf veröffentlicht: Die Zukunft gehört hybriden Kompe­tenzprofilen, die technolo­gische Fähigkeiten mit persönlichen Qualitäten vereinen. Besonders gefragt sind Kompetenzen in den Bereichen KI, Big Data und Cybersicherheit sowie Soft Skills wie kreatives und weitsichtiges Denken, Belastbarkeit, Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Agilität. Ohne diese Kombination wird die Transformation ins Stocken geraten, auch in der Energiewirtschaft.

Integration soll erfolgreich sein

Die Herausforderung besteht nun nicht allein darin, externe Talente für die Energiewirtschaft zu gewinnen, sondern sie auch effektiv in das Unternehmen zu integrieren. Um ihnen so die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten auf die neuen Anforderungen zu übertragen. Hier sind zum einen gezielte Rekrutierungsstrategien gefragt, die über den traditionellen Talentpool der Energiebranche hinausgehen sowie eine Offenheit der Unternehmen gegenüber branchenfremden Spezialisten. Eine gezielte Onboarding Strategie kann hier eine erfolgreiche Integration gewährleisten, um Kulturkonflikte zu vermeiden.

Recruiting braucht Profis

Die ZfK-Zeitung für Kommunalwirtschaft bedient ein mehrseitiges Anzeigentableau mit Stellengesuchen und Stellenanzeigen bei Stadtwerken. Wie hoch ist die Erfolgsquote? Wir meinen, es muss noch andere Wege geben als ein Anzeigenformat. Denn zunehmend zeigt sich: Während sich der breite Stellenmarkt stark in die digitalen und sozialen Netzwerke verlagert hat, sind gerade die dringend benötigten Top-Spezialisten selten über diese Kanäle zu finden. Demzufolge ist eine besondere Expertise nötig, um passende Kandidaten überhaupt ausfindig zu machen. Auch der Ansprache-Prozess selbst verlangt ein Vorgehen, das genauso spezifisch ist wie das gesuchte Stellenprofil.

Um die besten Fachkräfte zu finden, braucht es Expertise, Netzwerke und Branchenverständnis. Unsere Erfahrung besagt, dass ein passgenaues Recruiting der Weg zum Erfolg ist. Grundlage dafür sind jahrzehntelanges Branchenwissen, exzellente Kontakte und Netzwerke. Und wie angesprochen die Fähigkeit, auch Branchenfremde für die Energiebranche zu begeistern.

masterpiece-advisors.de