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06.07.2018 15:07 Alter: 6 yrs

Vom linearen Stoffstrom zur Kreislaufwirtschaft

Der Verbrauch an natürlichen Ressourcen überschreitet zunehmend deren Regenerationsfähigkeit. Ressourceneffizienz und die Wiedergewinnung von Rohstoffen auf die Agenda zu setzen, ist ein Zeichen volkswirtschaftlicher Vernunft.


Ein wichtiger Ansprechpartner zu diesem Thema ist der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft, er stellte auf der IFAT 2018 das Kreislaufmodell zum Stoffstrom Aluminium vor.

Wir sprachen mit Peter Kurth, Geschäftsführender Präsident des BDE zum Messeauftritt auf dem internationalen Branchentreffpunkt für alle Fragen der Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft.

Foto: BDE

Herr Kurth, was steht hinter der Botschaft des Verbandes: Kreislauf. Wirtschaft. Zukunft.?

Wenn wir unsere hohen Produktionsstandards und unser hohes Konsumniveau auch künftig halten wollen, dann müssen wir anders produzieren und auch konsumieren. Nicht zuletzt durch den Klimawandel und durch den Rückgang natürlicher Ressourcen gewinnt die Wiedergewinnung von Wertstoffen und Recyclingmaterialien aus Abfällen immer weiter an Bedeutung. Die deutsche Kreislaufwirtschaft steht wie keine andere Branche für die ökologische Modernisierung der Wirtschaft. Die Branche hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einer logistischen Tätigkeit wie der reinen „Müllabfuhr“ zu einer echten Sekundärrohstoffwirtschaft entwickelt. Eine zentrale Aufgabe unserer Verbandsarbeit ist es daher, die Entwicklung der Wirtschaft von Ressourcenverbrauch hin zum Gebrauch von Rohstoffen aktiv zu begleiten.

Worin liegt die volkswirtschaftliche Bedeutung der Kreislaufwirtschaft?

Die deutsche Kreislaufwirtschaft gehört zu den innovativen Wirtschaftsbranchen, wo mehr als 290.000 Beschäftigte jährlich rund 76 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Die Branche umfasst mehr als nur die klassischen Wertschöpfungsstufen des Sammelns, Transportieren und Entsorgens. Die technologischen Innovationen sind global gefragt und ein Motor der deutschen Exportwirtschaft. Der Anteil deutscher Umwelttechnik am Weltmarkt liegt bei mehr als 10 %.

Klimawandel, Energiewende und Rohstoffversorgung sind die großen gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit. Diese Herausforderungen werden wir nur mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft meistern. In der Vermeidung schädlicher Treibhausgasemissionen ist die Branche führend. Durch den Einsatz von Rezyklaten in der Industrie werden zum Beispiel knapp 56 Millionen t CO2-Äquivalente pro Jahr vermieden und Rohstoffimporte im Wert von 8,4 Milliarden Euro ersetzt.

Was gab den Ausschlag, sich auf der IFAT zum Stoffstrom Aluminium zu präsentieren?

Die IFAT ist seit Jahren die Weltleitmesse für Umwelttechnologie, Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft und damit der wichtigste internationale Branchentreffpunkt. Zur neuen Ausrichtung des Messeformats gehört, nicht mehr nur ein Marktplatz für Recyclingtechnologien, -dienstleistungen und -anlagen zu sein, sondern auch die mit ihr verbundenen und nachhaltigen Wertschöpfungsprozesse zu zeigen. Und darin eingeschlossen ist die Abbildung einer weiteren industriellen Verwendung der gewonnenen Recyclingrohstoffe.

Es ist geplant, künftig bei jeder IFAT anhand eines Stoffstroms zu erörtern, wie die bisher oft lineare Wirtschaft zu einer echten Kreislaufwirtschaft weiterentwickelt werden kann. In diesem Jahr stand der Stoffstrom Aluminium im Vordergrund.

Wie wurde die BDE-Sonderfläche Aluminium angenommen?

Wir wollten Antworten auf bestimmte Kernfragen finden: Wie kommen die aus einem Recyclingprozess gewonnenen Recyclingrohstoffe wieder zurück in den industriellen Kreislauf? Welche Herausforderungen und Probleme ergeben sich? Wie sehen überzeugende industrielle Beispiele aus?

Auf unserer eigens geschaffenen Sonderfläche wollten wir mit den wichtigsten Unternehmen aus der Aluminiumwirtschaft diesen Fragen nachgehen und konnten schließlich zeigen, dass der Kreislauf beim Stoffstrom Aluminium bereits heute ausgezeichnet geschlossen ist.

Der Stand und sein Rahmenprogramm fand einen großen Anklang. Besonders spektakulär war der eigens für die IFAT produzierte 360°-Film, bei dem der Besucher im Virtual Reality- Format eine Reise durch die Welt des Aluminiums anhand einer Getränkedose unternehmen konnte. Mehr als tausend Messebesucher haben diesen Film gesehen und sich so ein umfassendes Bild machen können - ein voller Erfolg also.

Warum bietet sich gerade Aluminium als Beispiel an?

Für den Stoffstrom Aluminium sprechen mehrere Gründe. Aluminium ist der wichtigste Leichtbaustoff und nach Stahl das zweitwichtigste Gebrauchsmetall. Es kann vielfältig eingesetzt werden. Die Primärgewinnung ist dabei ökologisch, energetisch und nicht zuletzt ökonomisch besonders problematisch, Recycling hingegen besonders günstig. Die Energieeinsparung liegt bei 95 %. Und im Hinblick auf ein steigendes Umweltbewusstsein steigen die Anforderungen an die nachhaltige Gewinnung und den Einsatz des Rohstoffs Aluminium. Die Verwendung von Recyclingaluminium verschafft der Industrie sozusagen einen ökologischen Ritterschlag.

Wir steht es um die Recyclingquote?

Schon heute werden in Deutschland aus Aluminiumschrott mehr als 1,25 Mio. t
Aluminiumlegierungen gewonnen, das entspricht rd. 78 % der Gesamtproduktion. Seit 2010 stieg die Menge an Legierungen aus Primäraluminium von knapp 330.000 t auf ca. 353.000 t, der Zuwachs im Sekundärbereich betrug hingegen fast 420.000 t.

Noch bedeutend größer waren die Importe von Legierungen, die 2016 bei mehr als 1,84 Mio. t lagen. Gleichzeitig wurde mehr Aluminiumschrott exportiert als importiert. Das unterstreicht, dass der Produktionsstandort Deutschland gerade bei den Schlüsseltechnologien ein Interesse daran haben muss, die Importabhängigkeit zu verringern. In Deutschland sind mehrere Unternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Wertschöpfungskette hervorragend geeignet, das Potenzial, aber auch die Herausforderungen des Stoffstroms Aluminium anhand von beispielhaften Verfahren und Produktionsweisen zu präsentieren.

Gibt es ein Beispiel aus der Branche?

Neben anderen Anbietern ist Trimet ein wichtiger Partner. Das Unternehmen treibt nicht nur die Legierungsentwicklung voran, sondern auch die Optimierung komplexer Prozesse sowie die Entwicklung neuer Werkstoffe. Viele Verbesserungen haben bereits Einzug in die Produktion gefunden, zum Beispiel im Bereich der hochfesten Aluminiumlegierungen für den Einsatz in der Automobilindustrie oder der Pressbolzengießtechnik.

Trimet ist ein bedeutender Aluminiumproduzent, und zwar in der Primär-, aber auch in der Recyclingproduktion. Das Unternehmen verarbeitet Primäraluminium, auch Hüttenaluminium genannt, das aus Bauxit gewonnen wird, in Essen, Hamburg, Saint-Jeande- Maurienne und Voerde sowie Sekundäraluminium aus Aluminiumschrott in Gelsenkirchen und Harzgerode. Schrotte werden eingeschmolzen und können ohne Qualitätsverlust weiterverarbeitet werden. So zeigt sich die funktionierende Kreislaufwirtschaft am Beispiel Aluminium.

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