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23.06.2014 11:59 Alter: 10 yrs

Verpflichtende Direktvermarktung für alle

Mit der Reform des Erneuerbaren-EnergienGesetzes (EEG) unternimmt die Bundes regierung den Versuch, die Kostendynamik der Energiewende in den Griff zu bekommen. Dieser Schritt ist dringend geboten. Die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende wird nur bestehen bleiben, wenn deren Kosten gedämpft werden und Deutschland wieder ein attraktiver Investitionsstandort für die Industrie wird. Auch für den Vorbildcharakter der Energiewende ist die Frage der Wirtschaftlichkeit entscheidend. Ob das deutsche Modell weltweit Nachahmer findet, hängt davon ab, wie sich die Energiewende hierzulande ökonomisch effizient umsetzen lässt.


Dr. Constantin H. Alsheimer (li.) ist Vorsitzender des Vorstandes der Mainova AG, Frankfurt am Main und Vorsitzender des LDEW Hessen/ Rheinland-Pfalz. Peter Bartholomäus (re.) ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der InfraServ GmbH & Co. Wiesbaden KG und Vorsitzender des Energieausschusses der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).

Vor diesem Hintergrund ist die aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindliche EEG-Reform zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Das gilt zum Beispiel für die verbesserte Marktintegration der erneuerbaren Energien durch die stufenweise Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung.

Die Pflicht zur Direktvermarktung des Ökostroms verspricht eine verbesserte Systemintegration von Solar- und Windstrom und dadurch einen kostengünstigeren Umbau des Energiesystems.

Gegenwärtig sieht der Regelfall noch so aus, dass die Anlagenbetreiber ihren Ökostrom an den örtlichen Verteilnetzbetreiber weiterreichen. Die Verteilnetzbetreiber veräußern diesen Strom ihrerseits an den Übertragungsnetzbetreiber weiter, die den Ökostrom dann am vor- und untertägigen Spotmarkt an der Strombörse vermarkten. Für die Netzbetreiber besteht eine gesetzliche Abnahmepflicht, während die Anlagenbetreiber für jede Kilowattstunde einen festgelegten Vergütungssatz erhalten, der über die EEG-Umlage aufgebracht wird.

Daneben gibt es für die Betreiber von Ökostromanlagen seit 2012 aber auch noch die Möglichkeit, den von ihnen erzeugten Strom direkt an interessierte Abnehmer zu verkaufen. Diese Direktvermarktung wird mit der sogenannten optionalen Marktprämie und mit der sogenannten Managementprämie gefördert. Außerdem erhalten die Anlagenbetreiber bei diesem Vermarktungsmodell den Verkaufserlös für ihren Strom. Auf diese Weise sollen die Anlagenbetreiber veranlasst werden, ihr Stromangebot besser an die Nachfrage anzupassen.

Für die Systemstabilität wäre es besser, wenn auch Kleinanlagen zur Direktvermarktung verpflichtet würden.

Ausgenommen davon sollen aber EE-Kleinanlagen bleiben. Für neuerrichtete Anlagen mit weniger als 500 KW installierter Leistung bzw. weniger als 250 KW installierter Leistung soll die neue Regelung erst ab 2016 bzw. 2017 gelten. Ökostromanlagen unter 100 KW installierter Leistung sollen dauerhaft von der Pflicht zur Direktvermarktung befreit bleiben. Die Reformpläne der Bundesregierung sehen vor, dass die Eigentümer dieser Anlagen von den Netzbetreibern weiterhin einen fixierten Betrag pro Kilowattstunde als Einspeisevergütung verlangen können. Für die Systemstabilität der deutschen Energieversorgung wäre es jedoch besser, wenn auch Kleinanlagen unter 100 KW installierter Leistung zur Direktvermarktung verpflichtet würden.

Der Einfluss von EE -Anlagen mit weniger als 100 KW installierter Leistung auf die Stabilität des deutschen Stromnetzes geht – jede Anlage für sich genommen – zwar gegen Null. Zusammengenommen entfällt auf diese Anlagen aber ein substantieller Anteil der in Deutschland installierten Erzeugungsleistung. Die Relevanz der Kleinanlagen für die Systemstabilität ist deshalb nicht zu unterschätzen.

Zum Stichtag 31. Dezember 2012 betrug die installierte Gesamtleistung aller EE-Anlagen mit einer installierten Nennleistung unter 100 KW zusammengenommen 18.439 MW. Davon entfielen 18.179 MW auf PV-Anlagen. Dies entspricht der installierten Leistung von etwa 18 Großkraftwerken. Im Jahr 2013 betrug der PV-Ausbau deutschlandweit 3.308 MW. Davon entfielen mit 1.423 MW rund 43 Prozent der insgesamt installierten PV-Nennleistung auf Kleinanlagen mit einer Einzelleistung von weniger als 100 MW.

Mit der Pflicht zur Direktvermarktung von Ökostrom aus Kleinanlagen ließe sich also sicherstellen, dass auch kleinere EE-Anlagen künftig ihren Beitrag zur Systemintegration der Erneuerbaren leisten und so mithelfen, die Stabilität des Netzes mit höherer Kosteneffizienz zu sichern.

Zudem könnte mit der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung für Kleinanlagen auch der Notwendigkeit zur Einführung eines institutionalisierten Kapazitätsmarkts ein Stück weit begegnet werden.

Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sich die Betreiber von Kleinanlagen nämlich Partner suchen, die die Vermarktung ihres Stroms als Dienstleister übernehmen. Für diese Dienstleister könnte es lohnend sein, die volatile Einspeisung von PV-Anlagen und kleinen Windkraftanlagen mit einer Art Regelenergie aus flexiblen konventionellen Kraftwerken zu Blockprodukten für den Stromhandel zu veredeln. Die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien würde dadurch zusätzlich befördert werden. Und die Energiewende ließe sich so sehr wahrscheinlich kostengünstiger umsetzen.

Mit einer verpflichtenden Direktvermarktung für EE-Kleinanlagen könnte der Gesetzgeber die nationalen und internationalen Erfolgschancen der deutschen Energiewende verbessern. Bund und Länder brauchen nur den Mut, in der Energiepolitik künftig auf mehr Markt und Wettbewerb und weniger auf Staat zu setzen.

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