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< Wasser für alle - eine globale Verantwortung
02.05.2013 09:53 Alter: 11 yrs
Kategorie: Wirtschaftsfaktor Energie

Verknüpfung von Wissen, Erfahrung und Technik

Für eine exzellente und nachhaltige Energieforschung. Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung. Die Entscheidung, die Energieversorgung einer der führenden Industrienationen grundlegend zu reformieren und vollständig aus der Atomenergie auszusteigen, ist ein Projekt, das viele Herausforderungen mit sich bringt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung steht hierbei an der Schnittstelle zwischen außeruniversitärer und universitärer Forschung in einer besonderen Verantwortung. Denn: Der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende liegt ganz entscheidend in einer gezielten, exzellenten und nachhaltigen Energieforschung.


Prof. Dr. Johanna Wanka, Foto: BMBF
Mit dem Neubau des Gas- und Dampfkraftwerk Irsching IV und Irsching V wurden neue Maßstäbe in der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gesetzt. Irsching wird für E.ON Kraftwerke das Zentrum der europäischen Gas- und Dampfturbinen (GuD) Aktivitäten. Foto: E.ON SE

Klar ist: Nur mit starker Forschung, Innovation und Wissenschaft kann die Energiewende gelingen. Und nur mit neuen Ideen finden wir Antworten auf die drängenden Fragen der Energiewende. Neben vielen tagesaktuellen Themen stellen sich auch kurz-, mittel- und langfristigeForschungsfragen: Wie können elektrische Speicher weiterentwickelt werden? Welche Technologien können Strom aus Windkraft und Photovoltaik billiger machen? Wie können die Stromerzeugung aus Kohle und Gas sowie aus regenerativen Quellen effizienter gemacht werden? Heute kann keine Technologie isoliert von den Entwicklungen in den anderen Handlungsbereichen gesehen werden. Entscheidend ist die Systemsicht, also der Blick auf das komplexe Zusammenspiel von Energiebereitstellung und -umwandlung, Transport und Speicher-Infrastrukturen, Energieversorgung und die Rolle der Endverbraucher. Das BMBF ist in der Forschung zur Energiewende gemeinsam mit anderen Ressorts, insbesondere dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium, bereits sehr aktiv. So hat das 2011 gestartete und mit insgesamt 3,5 Milliarden Euro ausgestattete Energieforschungsprogrammder Bundesregierung viele technologische Entwicklungen angestoßen. Die Schwerpunkte liegen bei Schlüsselthemen der Energiewende: Es geht um Energiespeicher und Netze, Energieeffizienz und weitere Durchbrüche bei den Erneuerbaren Energien.

Transfer der Forschungsergebnisse verbessern

Wird angesichts der vielen offenen Fragen zur Energiewende nach einem größeren Beitrag der Energieforschung gefragt, stellt sich schnell der Reflex ein: Das geht nur mitmehr Geld. Wir werden mehr Geld für die Energieforschung brauchen, ich werde mich deshalb für eine entsprechende Prioritätensetzung einsetzen. Aber es reicht keineswegs, nur über mehr Geld zu reden. Wir müssen auch über Inhalte sprechen. Unser Ziel muss es sein, für das eingesetzte Steuergeld exzellente Forschung zu bekommen. Und den Wissenstransfer auchzwischen Nutzern, Anwendern und Entscheidernals festen Bestandteil unseres Forschungsverständnisses zu verankern. Trotz der etablierten Transferstellen an unseren Forschungszentren und Universitäten nutzen wir die Potentiale der Wissenschaft an vielen Stellen eben noch nicht intensiv genug.Bei der Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft geht es nicht mehr nur um die neue technologische Idee, die Solarzelle,die Batterie oder das effiziente Windrad,also das innovative Produkt. Es geht bei neuen Technologien immer mehr auch um das Konsum- und Nutzerverhalten. Es geht schlichtweg um Akzeptanz. Wenn wir über Wissenstransfer sprechen, dann meinen wir mehr als nur den Transfer aus der Forschung in die Wirtschaft. Es geht auch um den Transfer hin zu den Bürgerinnen und Bürgern und wieder zurück. In dieser Verknüpfung von Wissen, Erfahrung und Technik entsteht erst gesellschaftliche Innovation. Die zentrale Frage ist, wie wird Transfer von Wissen so gestaltet, dass nachhaltige Impulse für die Energiewende gegeben und zugleich die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz geschaffen wird. Ohne den intensiven Dialog in alle Richtungen – vorallem aber mit denen, die Forschungsergebnisse nutzen wollen – ist Innovation nicht wirklich vorstellbar.

Nationale Plattform Energieforschung

Auch muss die Forschungsförderung auf allen Ebenen besser koordiniert und aufeinander abgestimmt sein. Die Kapazitäten der Hochschulen und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollten noch besser verknüpft und gezielter auf die Erfordernisse der Energiewende ausgerichtet werden. Gleiches gilt auch für die Ressorts, die Energieforschung fördern. In diese Richtung hat das BMBF wichtige Schritte unternommen. Für die Entwicklung von Speichern und Netzen gibt es erstmals ressortübergreifend gemeinsame Förderinitiativen. Ich habe kürzlich die erste bundesweite „Forschungsplattform Energiewende“ vorgestellt. Diese soll dazu beitragen, wichtige Fragen der Energiewendetrans- und interdisziplinär zu begleiten und eine nationale Strategische Forschungsagenda für die nächsten zehn bis 15 Jahre zu entwerfen. Diese Agenda soll im Energiebereich die kurz-, mittel- und langfristigen forschungspolitischen Prioritäten aufzeigen und ein stärkeres konzertiertes Handeln aufallen Ebenen ermöglichen. Die Forschungsplattform besteht aus drei Säulen:

Erste Säule: Die erste Initiative kommt aus der Wissenschaft selbst mit dem Projekt „Energiesysteme der Zukunft“. Hier wird das Wissen aufbereitet, Energieszenarien ausgearbeitet und neue Forschungsthemen identifiziert. Die Akademien wollen im Dienste der gesamten Wissenschaft die entscheidenden Fragen identifizieren und Lösungen anbieten.Wir alle wissen: Mehr Zusammenarbeit ist der richtige Ansatz, um die komplexe Forschungslandschaft auf intelligente Weise zu verbinden.

Zweite Säule: Die Initiative der Akademien braucht Adressaten und Diskussionspartner aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Denn die Energieforschung muss noch stärker auf die Bedarfe der Energiewende ausgerichtet werden. Für diesen Austausch haben wir eine Dialogplattform vorgesehen: Das „Forschungsforum Energiewende“. Hier bringen wir unter Moderation und Koordination des BMBF alle Beteiligten der Energiewende mit der Forschung zusammen, alsohochrangige Partner aus Politik, Wirtschaftund Zivilgesellschaft. Die Vorschläge, Ideen und Szenarien der Wissenschaft fließen mit den Anregungen und Fragen aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammen, werden dort diskutiert und münden in eine gemeinsame Strategische Forschungsagenda. Im Gegenzug erwarte ich, dass die Forschung die Bedarfe aus Wirtschaft und Gesellschaft aufgreift.

Dritte Säule: Ein Koordinierungskreis der großen Forschungseinrichtungen sowie der Vertreter der Hochschulen ergänzt diese Strategie. Hiermit wollen wir erreichen, dass die Wissenschaftaus dem, was gedacht und erarbeitet wird, in eigener Verantwortung Schlüsse für ihre Schwerpunkte in der Energieforschung zieht. Damit haben die Hochschulrektorenkonferenz und die außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen erstmals in einem Forschungsfeld vereinbart, ihre Forschungsthemen zu koordinieren.

Neue Landkarte der Energieforschung

In Deutschland forschen insgesamt 180 Hochschulen und 120 Zentren oder Institute außeruniversitärer Forschungseinrichtungen an Themen, die mit der Energiewende zusammenhängen. Die Vielfalt und das Know-how in der Energieforschung in unserem Land zeigt eindrucksvoll unsere neue Landkarte der Energieforschung, die auf der BMBF-Homepage eingestellt ist. Aus ihr geht hervor, welche außeruniversitären Forschungseinrichtungen und welche Hochschulen in Deutschland zum Thema Energie forschen. Wir wollen damit die Transparenz über die Akteure in der Forschungerhöhen und das Zusammenwirken in der Forschergemeinschaft befördern.

Die große Aufgabe der Energiewende besteht darin, dass „alles mit allem zusammenhängt“. Übersetzt für die Energieforschung bedeutet das: Alle Akteure, die wichtigsten Köpfe und besten Ideen gehören an einen Tisch. Diesen Schritt gehen wir jetzt mit der gemeinsamen Forschungsplattform. Für die Wissenschaft, aber auch für die Wirtschaft in Deutschland bietet diese Kooperation eine große Chance. Die Energiewende wird international stark wahrgenommen. Schon jetzt ist Deutschland in einigen Bereichen Weltmarktführer. Aber dieser Markt ist weltweit hart umkämpft. Wir müssen uns also anstrengen, um den Erwartungen gerecht zu werden, die auf uns ruhen. Nur so werden wir weiterhin die Fortschritte und Technologiesprünge erzielen können, die uns international zum Vorreiter machen.