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02.02.2012 12:20 Alter: 12 yrs
Kategorie: Klimaschutz
Von: Administrator

Getting to 2014

Vollendung des EU-Binnenmarkts für Energie


Gastbeitrag von Günther Oettinger, Mitglied der Europäischen Kommission und EU-Kommissar für Energie

Wie weit sind wir mit der Schaffung eines europäischen Energiebinnenmarktes gekommen, welchen Nutzen wird uns der Binnenmarkt bringen und was müssen wir noch angehen um ihn bis 2014 zu vollenden? Stellen wir uns einmal vor, wie unsere Energielandschaft ohne einen Energiebinnenmarkt aussehen würde. Wir hätten 27 Märkte in Europa mit äußerst unterschiedlichen Marktregeln und Vorschriften für den Netzbetrieb. Gas und Strom könnten nicht ungehindert über Grenzen hinweg fließen. Energieunternehmen kämen nicht in den Genuss von Größenvorteilen. Der Wettbewerb wäre sehr viel schwächer und die Möglichkeiten für die Verbraucher geringer. In vielen Mitgliedstaaten wäre die Versorgungssicherheit ein erhebliches Problem, und zwar insbesondere in jenen, die auf einen einzigen Lieferanten angewiesen sind, ohne hinreichend mit anderen Mitgliedstaaten vernetzt zu sein. Und auch unsere Klimaschutzziele ließen sich bei 27 Märkten nur mit sehr viel größeren Kosten und deutlich weniger effizient verwirklichen. Ohne einen Energiebinnenmarkt wäre Europa schwächer und anfälliger. Und wir alle müssten den Preis dafür zahlen. Dies ist natürlich keine attraktive Perspektive. Und genau aus diesem Grund haben im Februar 2011 alle 27 europäischen Staats- und Regierungschefs bekräftigt, dass Europa einen Energiebinnenmarkt braucht und dass der Energiebinnenmarkt unbedingt bis 2014 vollendet werden muss. 

Die Entschlossenheit der Kommission, Energie-Binnenmarktregeln um- und durchzusetzen 

Die Öffnung und Integration der europäischen Energiemärkte begann vor mehr als zehn Jahren. Sie erfolgte schrittweise, begleitet durch drei Gesetzgebungspakete. Dabei ist das dritte Energiepaket zweifellos ein bedeutender Schritt zur Vollendung des europäischen Energiebinnenmarktes. Allerdings zeigen sich Verzögerungen bei der Umsetzung. Die Verabschiedung der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des dritten Energiepakets steht in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten noch aus. Diese Verzögerungen gefährden ernsthaft unser Ziel, den Binnenmarkt innerhalb der kommenden drei Jahre zu vollenden. Deshalb hat die Kommission entschieden, Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die das dritte Energiepaket noch nicht in ihr nationales Recht umgesetzt haben. Die Kommission hat nachdrücklich an diese Mitgliedstaaten appelliert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sich nach Kräften um die lückenlose Umsetzung des dritten Pakets zu bemühen. 

Aufgaben bis 2014 

 Was ist noch zu tun? Da ist Erstens die Verordnung über die Integrität und Transparenz von Energiemärkten (REMIT). Die Verordnung sieht klare Regeln für den Energiehandel vor und wird Vertrauen schaffen, dass der Markt ordnungsgemäß funktioniert. Sie wird sicher noch vor dem Jahresende in Kraft treten. 
Zweitens haben wir ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm bis 2014 vor uns, um die Marktregeln und Vorschriften für den Netzbetrieb in der EU sowohl für Strom als auch für Gas zu harmonisieren. Hierzu bedarf es großer Anstrengungen seitens vieler Stakeholder, Mitgliedstaaten, der Kommission, ACER, der nationalen Regulierer, ENTSO, europäischer Energieunternehmen und Industrieverbänden. Hier kommen die Arbeiten gut voran. 
Drittens müssen wir einen tragfähigen Rahmen schaffen, der Investitionen in unsere Energieinfrastruktur zuträglich ist. Deshalb wird die Kommission eine Verordnung vorschlagen, um zu definieren, welche Infrastruktur mit der Perspektive auf 2030 Europa braucht. Ohne Frage erfordert die EU-weite Umstellung auf eine emissionsarme und sichere Energieerzeugung eine verstärkte Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten. Wir müssen neue Mechanismen zur Abstimmung und Koordinierung entwickeln und einführen. Auch im Bereich des zukünftigen Marktdesigns im europäischen Energiesektor gibt es noch einiges zu tun. Wir brauchen Märkte, die die zur Wahrung der europaweiten Netzintegrität erforderlichen Investitionen hervorbringen, die Einbeziehung aller Verbraucher und kleinen Energieerzeuger fördern und ein kohärentes Konzept für Anreizsysteme bieten, die zur Realisierung wichtiger Ziele in den Bereichen Energiemix oder Versorgungssicherheit erforderlich sind. Auf diese Aspekte wird in der Roadmap 2050 näher eingegangen, die ich der Kommission im Dezember vorlegen werde.

Die wichtige Rolle der verschiedenen Stakeholder 

Bei vielen Aufgaben, die vor uns liegen, sind die nationalen Regulierungsbehörden von großer Bedeutung. Sie wachen sowohl über Netzbetreiber als auch über Energieanbieter und sorgen zum Wohle der Verbraucher dafür, dass die Marktregeln eingehalten werden. Sie spielen bei der Harmonisierung der Regeln eine ebenso wichtige Rolle wie bei der Zertifizierung von Übertragungsnetzbetreibern. Diese Zertifizierung ist nun angelaufen. Die Aufsichtsbehörden der 27 Mitgliedstaaten müssen die neuen Befugnisse und Zuständigkeiten des dritten Pakets unbedingt effektiv nutzen können und dabei völlige Unabhängigkeit genießen. In den kommenden Jahren wird einiges von den nationalen Regulierern erwartet. 
Seitens der Industrie erwarte ich aktives Engagement. Das Vorhaben, bis 2014 in der EU einen offenen, integrierten und wettbewerbsfähigen Energiemarkt zu erreichen, hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich die Industrie aktiv einbringt. Dieses Engagement sollte sich nicht nur auf eine bessere Einhaltung der Vorschriften beschränken, sondern auch aktive Unterstützung bei der Entwicklung des neuen Marktes und Netzbetriebsvorschriften beinhalten. 
Unser Energiebinnenmarkt hat natürlich auch eine externe Dimension. Dies geht aus der Mitteilung zur Versorgungssicherheit und internationalen Zusammenarbeit der EU hervor, die im Monat September vorgelegt wurde. Wir arbeiten aktiv mit unseren Nachbarn an der Ausdehnung unseres Energiebinnenmarktes über unsere Grenzen hinweg. Ich beziehe mich hier nicht nur auf Norwegen und die Mitgliedsländer der Energiegemeinschaft, sondern auch auf unsere Partner im südlichen Mittelmeerraum, mit denen wir uns aktiv um eine weitere Integration bemühen. 
Wenn wir den Energiebinnenmarkt bis 2014 vollenden und die letzten Hindernisse für den freien Fluss von Gas und Strom in der EU ausräumen wollen, gilt es die Schlagzahl zu steigern. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ziel mit vereinten Kräften erreichen können und werden. Und wir haben auch keine andere Wahl. Keinen Energiebinnenmarkt zu haben, käme uns schlicht und einfach zu teuer zu stehen. Wir brauchen einen gemeinsamen Energiemarkt in Europa, um weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben und unsere Versorgungssicherheit auszubauen. Er ist auch Voraussetzung für die Reform unseres Energiesektors in den kommenden Jahrzehnten, damit wir den Klimawandel wirksam bewältigen.