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20.08.2012 17:35 Alter: 12 yrs
Kategorie: Transformation

Stadtwerke Halle setzen auf KWK-Wärmespeicher

Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende wird sich nachhaltig auf die Strukturen der Energieerzeugung in Deutschland auswirken. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache. Die Zukunft gehört somit umweltschonenden und regenerativen Energieerzeugungs-Konzepten. Wie KWK-Wärmespeicher zum Effizienzgewinn durch bedarfsgerechte Strom- und Wärmebereitstellung bei den Stadtwerken Halle beitragen, darüber informiert dieser Beitrag.


Prof. Dr.-Ing. Matthias Krause, Geschäftsführer der Stadtwerke Halle GmbH und Präsident Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) (Foto: Jens Schlueter)

Bis zum Jahr 2020 sollen bereits 35 Prozent des benötigten Stroms durch Erneuerbare Energien (EE) bereitgestellt werden. Der überwiegende Anteil der installierten Kapazitäten aus EE speist jedoch fluktuierend in die Stromnetze ein, was zu erheblichen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit führt. 

Schon heute können nicht alle Grünstrommengen zu jeder Zeit eingespeist werden. Eine weitere Säule der Energiewende ist die beabsichtigte Steigerung des Anteils des in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erzeugten Stroms auf 25 Prozent bis ins Jahr 2020. Diese hocheffiziente Technologie schont durch den hohen Brennstoffnutzungsgrad von 85 Prozent die natürlichen Ressourcen und vermindert somit den CO2-Ausstoß.

Höhere Flexibilität von KWK-Anlagen 

KWK-Anlagen arbeiten immer dann besonders umweltschonend, wenn keine überschüssige Wärme erzeugt wird. Man spricht dann vom wärmegeführten Kraftwerkseinsatz. Die wärmegeführte Fahrweise führt jedoch dazu, dass die Stromerzeugungskapazitäten der Anlagen bei fehlender Wärmesenke nicht immer voll ausgeschöpft werden, obwohl der Bedarf an konventionell erzeugtem Strom, z. B. aufgrund fehlender Einspeisung der EE, gerade zu dieser Zeit sehr hoch ist. 

Ein Lösungsbaustein zur notwendigen Systemintegration der EE stellt die Erhöhung der Flexibilität von KWK-Anlagen dar. Die diesbezüglich notwendige Entkopplung von Strom- und Wärmeproduktion kann durch die zusätzliche Einbindung eines Wärmespeichers erreicht werden. KWK-Anlagen erhalten dadurch die Möglichkeit, auf kurzfristige Lastschwankungen hervorgerufen durch Witterungseinflüsse zu reagieren. 

Bei zusätzlichem Strombedarf aufgrund eines Minderangebots der EE muss die gleichzeitig produzierte Wärme nicht ungenutzt an die Umwelt abgegeben werden. Im Gegensatz zur Elektrizität, die nur in sehr geringem Umfang speicherbar ist, lässt sich zu viel erzeugte Wärme über etliche Tage nahezu verlustfrei speichern. 

Dadurch können KWK-Anlagen auch flexibel auf ein Überangebot an EE mit einer gedrosselten Stromproduktion reagieren. Der Wärmebedarf wird dann aus dem Speicher bedient. Dies ist ökologisch und ökonomisch vorteilhafter als die sonst notwendig werdende Wärmeerzeugung in Kesselanlagen.

Wärmespeicher Heizkraftwerk Dieselstraße, Halle (Foto: Stadtwerke Halle)

Wärmespeicher als Ergänzung nutzen 

Wärmespeicher können dabei die gesamte Spannbreite der vorhandenen KWK-Technologie ergänzen – von der Mikro-KWK-Anlage für Ein- und Mehrfamilienhäuser, über BHKW-Anlagen für Krankenhäuser und Schwimmbäder bis zum Heizkraftwerk.

 Ein- und Mehrfamilienhäuser weisen eine stark schwankende Abnahmestruktur auf und besitzen zumeist keine zeitliche Übereinstimmung von Wärmeund Strombedarf. Durch den Einsatz von Pufferspeichern wird ein Ausgleich zwischen erzeugter und verbrauchter Wärmemenge sowie die Glättung von Leistungsschwankungen erreicht. Die Wärmeerzeugung kann somit weitgehend unabhängig vom Verbrauch betrieben werden, wodurch sich ein besseres Betriebsverhalten und ein besserer Wirkungsgrad ergibt. 

Gleichzeitig ist eine Verschiebung der Stromproduktion in die Zeiten des erhöhten Strombedarfs möglich. Durch die intelligente Vernetzung einer Vielzahl kleiner KWK-Anlagen zu einem virtuellen Kraftwerk können sogar Anlagen dieser „Größen“-ordnung zur Stabilisierung der Netzverhältnisse beitragen.

KWK-Technologie seit Jahrzehnten in Halle erprobt 

Heizkraftwerke können ebenfalls in Kombination mit Wärmespeichern betrieben werden. Die Nutzung eines Speichers ermöglicht dabei die Verlagerung der Fahrweise eines Heizkraftwerks in die Zeiten hohen Strombedarfs unabhängig vom Wärmebedarf. Wenn ein geringes Angebot der EE aufgrund von Windstille/Bewölkung bzw. ein hohes Angebot der EE aufgrund von konstanten Wind- und Sonnenscheinbedingungen besteht, können Heizkraftwerke mit Wärmespeichern die schwankende Verfügbarkeit der EE ausgleichen und somit einen Beitrag zur Integration der EE leisten. 

Auch die Stadtwerke Halle setzen auf dem Weg ins regenerative Zeitalter der Stromerzeugung auf die KWK. Diese Technologie ist in den beiden halleschen Kraftwerksstandorten schon seit Jahrzehnten erprobt. Bereits im Jahr 2006 wurde ein Tagesspeicher für Fernwärme zur Optimierung der innertäglichen Schwankungen von Strompreis und Wärmebedarf errichtet. Dabei handelt es sich um einen gut isolierten, zylindrischen Stahltank. Dieser Behälter von 22 m Höhe und gleichem Durchmesser verfügt über ein nutzbares Volumen von 6.800 m³. 

Zur Funktionsweise des Wärmespeichers sei folgendes gesagt: Im Wärmespeicher werden sowohl heißes Wasser als auch „kaltes“ Wasser aus dem Rücklauf des Fernwärmesystems eingelagert. Diese „Zwei-Phasen-Technologie“ ist zwingend erforderlich, weil die insgesamt im Fernwärmenetz zirkulierende Wassermenge nahezu konstant ist. Vorgegeben wird die Menge durch das Gesamtvolumen der Vor- und Rücklaufrohrleitungen sowie des angeschlossenen Speicherbehälters. Wenn also Fernwärme eingespeichert werden soll, wird dem Vorlauf des Systems heißes Wasser entnommen und in den Speicher gefördert und gleichzeitig aus dem Speicher die gleiche Menge kaltes Wasser in den Rücklauf des Fernwärmesystems gespeist. Die Entnahme von Wärme aus dem Speicher erfolgt umgekehrt. Heißes Wasser wird vom Speicher in den Fernwärmevorlauf gepumpt, kaltes Wasser vom Fernwärmerücklauf in den Speicher. 

Im Fernwärmespeicher befinden sich also immer zwei Phasen Wasser von sehr unterschiedlicher Temperatur. Im oberen Bereich des Behälters wird das heiße Wasser mit etwa 98 °C eingelagert, unten liegt die „kalte“ Phase mit 60 bis 65 °C. Zwischen den beiden Temperaturbereichen bildet sich eine so genannte Trennschicht, in deren Verlauf der Übergang zwischen den beiden Temperaturbereichen „Heiß“ und „Kalt“ stattfindet. 

Entgegen vielfacher Vermutung besteht die Trennschicht im Speicher auch nur aus Wasser; es gibt keinerlei physische Trennung zwischen warmen und kalten Speicherinhalt. Je nach Füllstand des Speichers mit nutzbarer Energie (also heißem Wasser) stellt sich die Lage der Trennschicht ein: Bei vollem Speicher befindet sie sich ganz unten im Behälter (nahezu kein „kaltes“ Wasser mehr vorhanden), bei völlig leerem Speicher wiederum liegt die Trennschicht ganz oben, das heiße Wasser wurde hier komplett entnommen. „Leer“ bedeutet hier also nicht, dass kein Wasser vorhanden wäre, sondern nur jeglicher nutzbarer Wärmeenergie entleert. 

Die mit diesem Fernwärmespeicher gewonnenen Betriebserfahrungen sind durchweg positiv. 

Deshalb laufen derzeit bei den Stadtwerken Halle Überlegungen zur Errichtung eines Wochenspeichers für Fernwärme zur weiteren Optimierung der Fahrweise der Heizkraftwerke. Vorgesehen ist ein Speicher mit einem Volumen von 50.000 m3. Dies würde einer Bauhöhe von 45 m und einem Durchmesser von 40 m entsprechen. Zum Vergleich: Der größte Fernwärmespeicher Europas in Theiß (Niederösterreich) hat ebenfalls ein Volumen von 50.000 m3 (Bauhöhe 30 m, Durchmesser 50 m). 

Forschungskooperation zahlt sich aus 

Weiterhin engagieren sich die Stadtwerke Halle gemeinsam mit der TU Dresden an der Weiterentwicklung von innovativen Speichertechnologien im Wärme- und Kältebereich. 

Trotz der für die Energiewende in Deutschland aufgezeigten Vorteile lassen sich Projekte dieser Größenordnung bei den derzeitigen Verhältnissen an den Energiemärkten nur sehr schwer wirtschaftlich für den einzelnen Kraftwerksbetreiber darstellen. Um dieser Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, sind deshalb geeignete Fördermaßnahmen notwendig. 

Auch die Politik hat die großen Potenziale der Kombination von KWK-Anlagen mit Wärmespeichern erkannt. Am 14. Dezember 2011 veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes“. Das Grundkonstrukt des KWK-Gesetzes bleibt dabei erhalten. Erstmals soll jedoch auch die Errichtung von Wärmespeichern gefördert werden. Dieser erste Schritt ist sehr zu begrüßen. 

Info unter Opens external link in new windowwww.stadtwerke-halle.de

Nach 110.000 Betriebsstunden wurde die Gasturbine des Gas-und Dampfturbinenkraftwerks in Halle-Trotha außer Betrieb genommen. Gleichzeitig war dies der Beginn einer neuen Ära für das Kraftwerk. Am 1. Juni 2012 wird die modernisierte Anlage offiziell in Betrieb genommen. Prof. Krause (re.) bei der Inbetriebnahme der neuen Gasturbine mit Halles Oberbürgermeisterin Szabados (li.). (Foto: Falk Wenzel)