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Sondervermögen Infrastruktur: Kommunen intelligent unterstützen!
„Es sind verwaltungseffiziente und zügige Transferwege gefragt, um eine wirkungsvolle Unterstützung der kommunalen Investitionsfähigkeit zu leisten.“
Das Investitionspaket des Bundes zeichnet sich durch einen historisch einmaligen Umfang aus. Noch ist unklar, welcher Teil der 100 Milliarden Euro, die für Länder und Kommunen vorgesehen sind, tatsächlich seine (dringend notwendige) investive Wirkung in den Kommunen entfalten wird. Ein Gastbeitrag für THEMEN!magazin von Dr. Oliver Rottmann, Geschäftsführender Vorstand des KOWID an der Universität Leipzig und Dr. Mario Hesse, Geschäftsführer des KOMKIS Sachsen.
Ohne Frage braucht es schnelle und direkte Transferwege, damit die erhofften positiven Impulse gesetzt werden können, sowohl für die Qualität der kommunalen Infrastruktur als auch für die konjunkturelle Lage. Auf kommunaler Ebene sind Haushaltslage und Investitionsbedarf derzeit äußerst angespannt, denn der kommunale Aufgabenkatalog (bspw. ökologische Transformation, Sozial- und Wohnraumpolitik, Zuwanderung etc.) ist über die Jahre sehr stark angewachsen. Die Einnahmenseite hinkt dieser Entwicklung strukturell um ein Vielfaches hinterher. Der aktuelle negative Finanzierungssaldo von -24,3 Mrd. Euro, die Abhängigkeit von Fördermitteln, die häufig notwendigen Transfers aus den Finanzausgleichssystemen der Länder (kommunaler Finanzausgleich) und die geringe eigene Steuerbasis sprechen eine deutliche Sprache. Hinzu kommt der kommunale Investitionsrückstand, der laut KfW- Kommunalpanel am aktuellen Rand (2023) auf 186 Milliarden Euro beziffert wird und im Vergleich zum Vorjahr um weitere rund 20 Mrd. Euro stieg (siehe Abbildung S. 21). Ebenso ist absehbar, dass genannte klassische Förderprogramme, die heute einen erheblichen Teil der Investitionsunterstützung der Länder und des Bundes für die Kommunen ausmachen, mit dieser schnellen und direkten Transmissionsaufgabe, das Geld „auf die kommunale Straße“ zu bringen, absehbar überfordert sein werden.
Warum Überforderungen der Kommunen?
- Kommunaler Investitionsbedarf in Deutschland Quelle: KfW-Kommunalpanel 2024, durchgeführt von Difu.
Erstens gibt es über die Formulierung von Fördergegenständen und förderfähigen Kosten sowie die Definition von Nebenbedingungen der Förderung eine Reihe von Vorgaben, welche die kommunale Selbstverwaltung einschränken. Dies bewirkt, Kommunen investieren regelmäßig eher nach verfügbaren Fördermitteln, anstatt ihre tatsächlichen lokalen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Eine zielgerichtete Investition auf die Spezifika und Notwendigkeiten in den Kommunen wird damit häufig erschwert.
Zweitens entstehen beträchtliche Transaktionskosten. Die inzwischen schon sprichwörtliche „Förderbürokratie“ bindet und belastet die Verwaltungen – und das sowohl auf der Seite der Kommunen als Fördermittelempfänger als auch der Länder, die die Programme administrieren. Antragstellung, Bewilligung, Abrechnung und Kontrolle können mitunter dazu führen, dass die Kosten der begleitenden Bürokratie höher ausfallen als die einzuwerbenden Fördermittel. Ganz zu schweigen vom Frust, den die wiederholte Ablehnung eines Förderantrags mit sich bringt, aber zugleich Förderprogramme auf Länderseite unausgeschöpft bleiben. Besonders der akute Fachkräftemangel in Kommunen und Ländern, der sich im Zuge des demografischen Wandels noch verschärfen wird, führt zu einer Lähmung der Verwaltungen – obwohl die Fördermittel eigentlich Unterstützung bieten sollten.
Drittens sind Fördermittel mit fiskalischen Abhängigkeiten verbunden. Die Kommunen müssen nicht nur Eigenanteile zur Kofinanzierung aufbringen, sondern auch die durch die geförderten Infrastrukturen entstehenden Folgekosten müssen aus kommunalen Mitteln getragen werden. Insgesamt können notwendige Fördermittel sich somit als eine Art „goldene Handschellen“ für die Kommunen erweisen.
Verwaltungseffiziente Transferwege gefragt
Es sind daher verwaltungseffiziente und zügige Transferwege zur Unterstützung der kommunalen Investitionsfähigkeit gefragt. Angesichts der beschriebenen Nachteile der klassischen antragsgebundenen Zuwendungen heißt es in diesem Falle, „mehr Gießkanne“ zu wagen. Die kommunale Infrastrukturlücke ist mittlerweile fast im ganzen Land spürbar, deshalb sollte eine wirkungsvolle Unterstützung – zumindest in der ersten Zeit – stark pauschaliert ausfallen. Die Länder, denen absehbar die Steuerung des kommunalen Anteils am Investitionspaket zufällt, haben bereits das geeignete Instrumentarium zur Verfügung. Sie können Investitionspauschalen gewähren und vor allem den kommunalen Finanzausgleich nutzen.
Besonders die ostdeutschen Kommunen sind mit dem Instrument der sogenannten investiven Schlüsselzuweisungen vertraut, die ohne Antrag gewährt werden, den Ausgleich zwischen steuerstarken und steuerschwachen Kommunen befördern und mit vereinfachten listenmäßigen Nachweisen auskommen. Nach diesem Vorbild können auch Pauschalensysteme außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs gestaltet werden. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil dieses Transferweges ist, dass öffentliche Mittel nicht liegenbleiben, sondern die Investitionskraft der Kommunen auch dann stärken, wenn es Verzögerungen bei den konkret finanzierten Projekten gibt. Die kommunale Doppik bietet hier das notwendige Handwerkszeug.
Unser Vorschlag
Eine effektive Sockelförderung, die eine breite Wirksamkeit entfaltet, kann durch eine gezielte Förderung für ausgewählte Projekte ergänzt werden, die durchaus den klassisch antragsgebundenen Verfahren entspricht. Für diese Projekte lohnt sich der Verwaltungsaufwand für Antragstellung, Genehmigung und Prüfung, wenn die Fördermittelgeber eigene Ziele verfolgen und das kommunale Handeln steuern wollen. Es ist denkbar, den Anteil dieser stärker zielgerichteten Förderung über den Zeitraum des umfangreichen Investitionspakets steigen zu lassen. Für den überwiegenden Teil der finanziellen Unterstützung ist jedoch mehr Vertrauen in die kommunale Ebene gefragt, sowohl in die Auswahl geeigneter Investitionsprojekte als auch in eine angemessene Projektsteuerung. Der Impuls des Investitionspakets kann damit zugleich als Anstoß für die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Eigenverantwortung dienen, der wieder mehr Wert beigemessen werden sollte.
Anfragen an die Autoren: www.kowid.de