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19.10.2021 11:16 Alter: 3 yrs

Politik muss Circular Economy präzisieren : Kreislaufwirtschaft fordert Sofortprogramm

Mehr Kreislaufwirtschaft beim Klimaschutz – dafür macht sich der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft nach der Bundestagswahl stark. Der Verband vermerkt für seine Mitgliedsunternehmen zwar ein gestiegenes Interesse am Thema Kreislaufwirtschaft, mahnt aber Präzisierungen an. Dies unterstreicht BDE-Präsident Peter Kurth nach der Bundestagswahl im Gespräch mit THEMEN!magazin.


Peter Kurth, Präsident BDE Foto: BDE

„Mit den Themen Green Deal und Kreislaufwirtschaft vertreten wir beim BDE wichtige Bereiche, die zukunftsweisend sind. Ihre Akzeptanz und ihre praktische Umsetzung werden in naher Zukunft die Voraussetzung dafür sein, dass Deutschland die Klimaziele erreicht und dennoch Wirtschaftsstandort bleibt.“ Peter Kurth

Herr Präsident, im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September hat der BDE Wahlprüfsteine aufgestellt, was gab dafür den Ausschlag?

Es ist gute Tradition, dass Wirtschaftsverbände und -vereinigungen vor anstehenden Wahlen nicht nur die veröffentlichten Programme der Parteien analysieren, sondern auch die Organisationen selbst zu Wort kommen lassen. Mit unseren Wahlprüfsteinen wollten wir nicht nur die Positionen der Parteien zu unseren Themen identifizieren, sondern auch dafür werben, dass die nächste Bundesregierung, in welcher Konstellation auch immer, stärker auf Circular Economy setzt. Sie ist nicht nur die ideale Verbindung von Ökonomie und Ökologie, sondern auch die Chance, dass Deutschland an seine ursprüngliche Vorreiterrolle in diesem Bereich anknüpfen kann.

Politik und konkret angesprochen die künftige Bundesregierung muss erkennen, die Kreislaufwirtschaft ist weit mehr als Entsorgungswirtschaft. Sie bedeutet die Weiterentwicklung unserer Wirtschaft zu einer zirkulären, ressourcenschonenden Wirtschaft. Und damit ist direkt die Verbindung zum Klimaschutz gegeben.

Welche Schwerpunkte hatten die Wahlprüfsteine des BDE gesetzt?

Bei den Wahlprüfsteinen hatte der Verband seinen Schwerpunkt auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft gelegt. In den acht Fragen an die Parteien ging es u. a. um den Einsatz von Recyclingrohstoffen in der Produktion, um die Bewertung der thermischen Verwertung im EU-Emissionshandel und um die Behandlung von Abwasser und Klärschlämmen. Zudem befragten wir die Parteien nach ihrer Position zum Batterierecycling. Zentrale Bedeutung für den Verband hatte auch die Frage nach der Bündelung des Green Deal der EU mit einem eigenen Staatsministerposten im Bundeskanzleramt. Auch hierzu hatte der BDE einen Wahlprüfstein aufgestellt.

Wie fällt Ihre Einschätzung der Wahlprüfsteine aus?

Die für den Bundestag kandidierenden Parteien CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne sehen in der Kreislaufwirtschaft und im Green Deal der EU wichtige Ansatzpunkte für die neue Legislaturperiode. Aus den Antworten der Parteien geht hervor, dass das Interesse der Politik an der Kreislaufwirtschaft zwar gestiegen, ihr großes Potenzial aber noch lange nicht gehoben ist. Hier bleibt noch viel zu tun.

Wir begrüßen das gestiegene Interesse an unseren Themen, das wir in den Parteien registrieren. Aus diesem Parteieninteresse muss in der neuen Legislaturperiode praktisches Regierungshandeln werden. Dafür sind aber noch Präzisierungen nötig.

Eine der politischen Forderungen des BDE ist die Einbindung der Kreislaufwirtschaft in das Bundeswirtschaftsministerium ...

Im Vordergrund unserer Forderungen steht die Stärkung der Kreislaufwirtschaft, um endlich die Potenziale einer besseren Kreislaufführung für die Klima- und Energiepolitik zu mobilisieren. Ein Aufgabengebiet wie die Kreislaufwirtschaft muss auch umfassend verantwortet werden. Deshalb sollte die Kreislaufwirtschaft in der neuen Legislaturperiode auch im Wirtschaftsministerium angesiedelt werden.

Gemeinsam mit dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft BNW hat der BDE ein Sofortprogramm Kreislaufwirtschaft von der künftigen Bundesregierung gefordert, warum?

Um die ehrgeizigen Klimaziele Deutschlands für diese Dekade zu erreichen, dürfen wir keine Chancen ungenutzt lassen. Der wesentliche Beitrag, den die Kreislaufwirtschaft hier bei der Energie- und Ressourcenwende leistet, muss wesentlich stärker in den politischen Fokus gerückt werden. Nach den Wahlprogrammen folgten Sofortprogramme. Überraschenderweise tauchen in den bekannten Sofortprogrammen Maßnahmen, mit denen schnell das Potenzial der Kreislaufwirtschaft gehoben werden kann, nicht auf.

Deshalb fordern wir von der zukünftigen Bundesregierung ein Sofortprogramm Kreislaufwirtschaft, das in den ersten Monaten der neuen Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden muss. Dieses Programm umfasst die folgenden fünf Punkte:

1. UBA-Auftrag zur Entwicklung eines Kreislauflabels

Damit sich private Verbraucher besser über kreislauffreundliche Produkte informieren können und Behörden eine bessere Orientierung bei der nachhaltigen Beschaffung haben, muss das UBA sofort den Auftrag erhalten, ein deutschlandweit verbindliches Label zu entwickeln, das Aussagen trifft über die Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und den Rezyklatanteil eines Produkts.

2. Politische Steuerung und Koordinierung der Umsetzung des Green Deal durch das Bundeskanzleramt

Die Transformation hin zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft im Sinne des Green Deal muss als maßgebliche Steuerungs- und Koordinierungsaufgabe im Kanzleramt angesiedelt werden

3. Klare Vorgaben für eine nachhaltige Beschaffungspraxis

Der Bund muss im Januar 2022 eine wahrnehmbare Änderung seiner Beschaffungspraxis, insbesondere im Baubereich, einleiten und den Vollzug verbessern. Diese Aktionen sollten auch den Ländern und Kommunen als Vorbild dienen.

Foto: ©Richard Carey - stock.adobe.com

Die Kreislaufwirtschaft ist weit mehr als Entsorgungswirtschaft. Sie ist unverzichtbar für eine zirkuläre, ressourcenschonende Volkswirtschaft. Der Kreislaufwirtschaftsaktionsplan ist der wichtigste Teil des GreenDeal und hier wiederum die Produktpolitik. Wenn dies die zentrale Herausforderung ist, dann muss das Thema auch ins Bundeswirtschaftsministerium. Denn Wirtschaftspolitik im Umweltministerium anzusiedeln, macht keinen Sinn.

4. Klimaschädliche Subventionen und steuerliche Benachteiligung von Rezyklaten beenden

Kunststoffe basieren auf fossilen Energieträgern und dürfen nicht länger von der Energiebesteuerung befreit bleiben. Die dadurch gewonnen Steuereinnahmen müssen in einen Fonds zur Förderung der Kreislaufwirtschaft fließen, um zusätzliche CO2 -Reduktionspotenziale zu heben.

5. Bedeutung der internationalen Umweltwirtschaft stärken

Die globale Energie– und Rohstoffwende muss jetzt eine Priorität in der internationalen Zusammenarbeit werden. Durch die Förderung nachhaltiger Infrastrukturen der Kreislaufwirtschaft in allen Ländern tragen wir zum Schutz unserer Ressourcen bei und verhindern den umweltschädlichen Eintrag von Kunststoffen in die Natur.

Selbstverständlich sind andere Maßnahmen wie das recyclingfreundliche Produktdesign und produktbasierte Mindestrezyklatquoten genauso wichtig, sie bedürfen aber der EU-weiten Abstimmung. Mit unserem nun vorgelegten 5-Punkte-Sofortprogramm wollen wir den Parteien eine Art „Starter-Kit für mehr Kreislaufwirtschaft“ an die Hand geben. Es sind Punkte, deren Umsetzung gleich nach der Amtsübernahme der neuen Bundesregierung in Angriff genommen werden kann.

Herr Kurth, wir bedanken uns für das Gespräch.

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