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Mitteldeutscher Meilenstein der Wärmewende
Leipziger Stadtwerke und TotalEnergies starten den Bau einer neuen Leitung von Leuna nach Leipzig. Sie transportiert Fernwärme, die mit Hilfe von Abwärme erzeugt wird. Was früher schlicht im Chemiepark verpuffte, wird nun genutzt – um 100.000 Leipziger Haushalte zu erwärmen.

- Spatenstich in der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland:
Damit startet der Bau der neuen Energie-Leitung von Leuna nach Leipzig.
Aus der Ferne sieht der Chemiepark Leuna nachts aus wie ein kleines Manhatten. Lichter über Lichter. Und es stimmt ja auch: Dies ist ein Ort, der niemals schläft. Hier wird rund um die Uhr produziert: Kraftstoffe, synthetische Treibstoffe, Epoxidharze, Wachse, Katalysatoren. Leuna – ab 1916 gebaut und seit den 1920er Jahren ein Zentrum der Chemie – ist deutsche Industriegeschichte und -Gegenwart. Immer wieder wurden hier Innovationen vorangetrieben. Das neueste Zukunftsprojekt verbindet chemische Industrie mit Daseinsvorsorge für die größte Stadt Ostdeutschlands.
In der Raffinerie Leuna haben die Arbeiten zur Errichtung einer Trasse begonnen. Sie wird zukünftig durch Abwärme erzeugte Fernwärme aus dem Chemiepark nach Leipzig führen. Was nutzlos verpuffte, wird dann in Leipzig genutzt – als Fernwärme. Parallel zur 19-Kilometer-Leitung in die mitteldeutsche Metropole baut die TotalEnergies Raffinerie ein neues, internes Wärmesystem, welches aus 15 Kilometern Rohrleitungen und aus zahlreichen neuen Wärmetauschern in den Prozessanlagen zur Wärmerückgewinnung besteht. Die gewonnene Wärme wird über dieses interne System bis zur Übergabestation der Leipziger Stadtwerke transportiert. So kann das kommunale Unternehmen zukünftig rund 40 Prozent des aktuellen Fernwärmebedarfs in Leipzig decken. Für dieses Vorhaben investieren beide Unternehmen zusammen in Summe über 230 Millionen Euro.
Industrie trifft Daseinsvorsorge: Aus ungenutzter Abwärme wird Fernwärme
Am Tag des symbolischen ersten Spatenstichs ist Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung bester Laune: „Mit dem Spatenstich für das Projekt setzten die Partner ein starkes Zeichen für die Zukunft der Region. Es zeigt, wie internationale, länder- und kommunenübergreifende Zusammenarbeit geht, um urbane Energieversorgung, chemische Industrie und Nachhaltigkeit auf intelligente Art und Weise gemeinsam voranzubringen. Was hier zusammenwächst, ist mehr als eine technische Leitung: Es ist eine Verbindung zwischen Regionen, zwischen Chemiepark und Stadtgesellschaft, zwischen Klimaschutz und verlässlicher Energie-Erzeugung.“
Lange haben die Leipziger Stadtwerke an diesem Projekt gearbeitet und es mit ihrem Leunaer Partner Schritt für Schritt in Richtung Realisierbarkeit gebracht. Die Projektleiter Marcus Krüger von den Leipziger Stadtwerken, Marc Pecquet von der TotalEnergies Raffinerie und das fast hundertköpfige Projektteam steht zum Auftakt der Stolz ins Gesicht geschrieben. Auch Karsten Rogall, Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke, freut sich: „Das ist ein Meilenstein für die Wärmewende in Leipzig. Ziel ist es, unsere Fernwärmeerzeugung so schnell wie möglich CO₂-neutral zu gestalten.“ Die Abwärme aus der Raffinerie von TotalEnergies sei dabei derzeit der größte Hebel. Das Projekt sichere nicht nur eine nachhaltige Wärmeversorgung für 100.000 Leipziger Haushalte, sondern auch langfristige Planungssicherheit für die Kunden der Leipziger Stadtwerke.
Thomas Behrends, Geschäftsführer der TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland, betont: „Mit diesem Projekt setzen wir als Raffinerie ein starkes Zeichen für die Zukunft der Energieversorgung in der Region und übernehmen Verantwortung für die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit.“ Seine Raffinerie verfolge eine ambitionierte Dekarbonisierungs-Roadmap mit dem Ziel, die CO₂-Emissionen bis 2030 um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Das Projekt sei ein weiterer konkreter Schritt auf diesem Weg. Mittels dieser länderübergreifenden Sektorenkopplung werden in den nächsten 20 Jahren rund 3 Millionen Tonnen CO₂ eingespart und so Arbeitsplätze in Mitteldeutschland langfristig gesichert.
„Die neue Leitung zeigt, dass Projekte gegen den Klimawandel nicht an Landesgrenzen enden müssen“, betont Dirk Panter, Wirtschaftsminister des Freistaates Sachsen: „Das Projekt verbindet auf kluge Weise Ressourcen-Effizienz und Klimaschutz mit der zukunftsweisenden Zusammenarbeit unserer Unternehmen in Mitteldeutschland. Ich freue mich über das Engagement der Leipziger Stadtwerke und von TotalEnergies, denn es sind solche Leuchtturmprojekte, die den Strukturwandel in der Region aktiv vorantreiben.“
Leipziger Quartiere kommen ans Fernwärmenetz

- Leipziger Stadtwerker im Fernwärme-Pilotquartier Südvorstadt: Hartwig Kalhöfer, Olga Naumov und Tim Burghardt (von links)
alle Fotos: Leipziger Gruppe
Bei der Wärmewende setzen die Leipziger Stadtwerke auf verschiedene Formen der Wärmeerzeugung. Eine wesentliche ist die Fernwärme. „Nacheinander schließen wir geeignete, dicht bebaute Quartiere an die Fernwärme an“, sagt Hartwig Kalhöfer, der die Strategie des Fernwärme-Ausbaus verantwortet. Der Anteil der Fernwärme an der Leipziger Wärme steigt so von einem auf zwei Drittel der Haushalte. Ihr Ringnetz wächst von 500 auf 800 Kilometer. Für Viertel, die sich nicht für Fernwärme eignen, bietet der kommunale Versorger andere Lösungen an. Beim Erstellen des kommunalen Wärmeplans wurden bisher sechs große Ausbaugebiete festgelegt. Mit dem Pilotprojekt Südvorstadt starteten die Stadtwerke bereits im ersten Viertel.
„Wir reden hier von 600 Gebäuden, also über viele tausend Haushalte“, berichtet Projektleiterin Olga Naumov. „Wir öffnen jede Straße. Dabei verlegen wir stets zwei Leitungen – eine für den Zufluss des warmen Heizwassers und eine für den kühleren Rückfluss.“ Die Baustellen würden eng abgestimmt mit denen der Verkehrsbetriebe, Wasserwerke und der Stadt, um Beeinträchtigungen für Anwohner zu minimieren.
Seit Jahren nimmt die Zahl der Fernwärme-Anschlüsse in Leipzig stetig zu – und zwar aus guten Gründen. „Dafür sprechen: geringe Investitionskosten, wenig Platzbedarf, Preisstabilität für ein Kalenderjahr, Service aus einer Hand und eine gute Umweltbilanz“, sagt Tim Burghardt, zweiter Projektleiter für die Südvorstadt. Auch müssten sich Eigentümer um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften nicht mehr selbst kümmern. „Wir informieren frühzeitig alle Hauseigentümer umfassend über die Möglichkeiten, um ihnen bei Bedarf den Wechsel so einfach wie möglich zu machen.“
Wer wolle, könne schon jetzt einen Versorgungsvertrag mit den Stadtwerken abschließen und sie beauftragen, den vorhandenen Heizkessel so lange zu betreiben, zu warten und zu reparieren, bis der Wechsel auf Fernwärme möglich ist. Denn viele Gas-Heizkessel in Leipzig sind mehr als 25 Jahre alt. Ihre Besitzer fragen sich, was die beste Zukunftslösung ist. „Hier stehen wir mit Rat und Tat zur Seite“, so Burghardt.
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