Nachricht

< Die es:SmartGrid-Cloud: Exceeding-Technologie für den „Steuer-Rollout“
24.11.2025 14:24 Alter: 2 days

Leadership zwischen Regulierung, Transformation und Kapitaldruck

„Management wird zu einer Frage der richtigen, zukunftsweisenden Priorisierung bei der Strategieentwicklung.“


Imke Hellmanns, Geschäftsführende Gesellschafterin, human lead executive search
Foto: human lead executive search

Die deutsche Energiewirtschaft befindet sich mitten in einem Strukturwandel, der nicht nur Geschäftsmodelle, sondern auch Führungskulturen neu definiert. Denn die Dynamik von Technologie, Regulierung und Kapitalmärkten verändern die Anforderungen an das Topmanagement grundlegend. Welchen Leadership-Typus braucht es demzufolge heute in der Energiewirtschaft?
Eine Anmerkung für THEMEN!magazin von Imke Hellmanns, Geschäftsführende Gesellschafterin von human lead executive search.

Der Transformationspfad zu Klimaneutralität, Wärmewende und Netztransformation, das Spannungsfeld zwischen kommunaler Steuerung und unternehmerischer Verantwortung bestimmt seit längerem die Anforderungen an Führungskräfte.

Führungsrollen unter Druck

Die Besetzung von C-Level-Positionen in der Energiewirtschaft ist zum Balanceakt geworden. Es mangelt an geeignetem Nachwuchs insbesondere für technische Vorstands- und Geschäftsführungspositionen. Der Ausbau der Infrastruktur, die Digitalisierung und IT-Sicherheit, die gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen, der Umsatzrückgang und gesellschaftlicher Erwartungsdruck verlangen Entscheidungen, die zugleich wirtschaftlich tragfähig und politisch kommunizierbar sind. Viele Stadtwerke und Versorger agieren in einem Spannungsfeld zwischen Liquiditäts- und Finanzierungsdruck und einem massiven Investitionsbedarf für Netzausbau, Wasserstoff- und Speicherinfrastruktur. Das hat Folgen für das Anforderungsprofil der Führungsebene: Management wird zu einer Frage der richtigen, zukunftsweisenden Priorisierung bei der Strategieentwicklung. Welchen Leadership-Typus braucht es heute in der Energiewirtschaft?

Was braucht es?

Es braucht Kandidaten, die die fachliche Qualifikation und Erfahrung, aber vor allem die unternehmerische Persönlichkeit mitbringen. Was bedeutet das? Gesucht sind Menschen, die kommunizieren und andere mitnehmen können, die Komplexität verstehen und diese auch vermitteln können, die Verantwortung übernehmen und auch delegieren können. Vor allem jedoch Menschen, die Beziehungen aufbauen können, mit dem Aufsichtsrat, mit den Kollegen, mit Mitarbeitenden und Arbeitnehmervertretungen, und nicht zuletzt externen Stakeholdern.

Der „Closed Shop“ als strukturelles Hindernis

Die Energiewirtschaft gilt weiterhin als personell geschlossener Markt. Netzwerke, kommunale Eigentümerstrukturen und Aufsichtsgremien begünstigen brancheninterne Karrieren. Das sichert Stabilität, erschwert aber oft die notwendige Erneuerung. Im Executive Search führt das zu einem paradoxen Befund: Der Kandidatenpool ist hochqualifiziert, aber homogen. Führungspersönlichkeiten mit technischer Tiefe, Finanzkompetenz, regulatorischem Verständnis und kommunaler Anschlussfähigkeit sind rar – und häufig bereits in Mandaten gebunden. Externe Kandidaten scheitern oft weniger an der Kompetenz als an der fehlenden Systemkompatibilität. Nicht zuletzt ist der Kandidatenpool in den kommenden Jahren aufgrund des Ausscheidens der „Baby Boomer“-Generation spürbar kleiner.

Governance und Stakeholder-Dynamik

Die spezifische Governance, das Regel- und Kommunikationssystem einer Organisation, prägt in kommunalen Energieunternehmen die Vorstands- oder Geschäftsführer-Auswahl stärker als in anderen Branchen. Entscheidungswege über Aufsichtsräte, Gesellschafterversammlungen und politische Mandatsträger erzeugen Mehrdimensionalität, die eine klassische Eignungsdiagnostik nur begrenzt abbildet. Hier sind Führungskräfte gefragt, die politische Logiken verstehen, ohne sich in ihnen zu verlieren – die operative Exzellenz mit kommunaler Legitimität verbinden. Damit wird Stakeholder-Kompetenz zu einer Schlüsselgröße in der Eignungsbewertung: Wer die Sprache der Politik ebenso beherrscht wie die der Ingenieure und Controller, schafft Akzeptanz für Entscheidungen, die tief in Strukturen eingreifen.

Kapitaldruck als Selektionskriterium

Der Investitionsbedarf für die Energiewende – Netze, Speicher, Digitalisierung, Wasserstoff – übersteigt die Eigenkapitalquote vieler Stadtwerke deutlich. CFOs und CEOs müssen zunehmend Finanzierungsarchitekturen entwickeln, die jenseits der klassischen Kreditlinie funktionieren. Demzufolge wird das C-Level der Zukunft stärker kapitalmarktorientiert denken müssen – auch in kommunalen Unternehmen. Denn finanzielle Steuerungskompetenz und die Fähigkeit, regulatorische Erlösmodelle strategisch zu nutzen, sind bereits heute entscheidende Erfolgsfaktoren in der Besetzung von Führungspositionen.

Neue Führungskompetenzen im Transformationskontext

Erkennbar ist bereits heute folgendes, die Profile erfolgreicher Führungspersönlichkeiten verschieben sich. Entscheidend sind heute weniger Hierarchieerfahrung oder Branchenzugehörigkeit, vielmehr Transformations- und Kommunikationsfähigkeit. Liebgewonnene Scheuklappen dürfen abgelegt werden, denn Führungskräfte aus anderen Industrien blicken aus einer anderen Perspektive auf die Herausforderungen der Branche, bringen einen anderen Werkzeugkoffer mit und sehen andere Handlungsoptionen.

Executive Search als strategische Führungsfunktion

Es zeigt sich, der klassische Besetzungsprozess reicht im Energiesektor nicht mehr aus. Vielmehr muss die Suche nach Führungspersönlichkeiten heute strategisch flankiert werden – durch fundierte Marktanalysen, Leadership Assessments sowie ein klares Verständnis der Eigentümerinteressen.

Executive Search wird damit selbst zur Managementaufgabe: Es geht nicht mehr nur um Identifikation, sondern um Passung im Spannungsfeld zwischen Transformation und Governance. Um es auf den Punkt zu bringen: Personalberatungen, die den Energiesektor verstehen, sollten zunehmend als Sparringspartner in strategischen Fragen agieren– nicht nur als Personalvermittler.

Quo vadis?

„Wohin gehst DU“, diese lateinische Redewendung hat bekanntlich eine tiefere Bedeutung, die sich auch auf Lebenswege beziehen kann. Wir erleben es fast täglich, die Energiewirtschaft befindet sich in einer Phase struktureller Selbstveränderung. Sie braucht deshalb für die Unternehmen eine C-Level-Führung, die unter regulatorischem Druck gestalten, im politischen Kontext führen und gleichzeitig ökonomisch verantworten kann. Daraus schlußgefolgert: Die Zukunft des Executive Search in diesem Markt liegt nicht in der breiten Streuung, sondern in der gezielten Differenzierung.

Unsere Erfahrung aus einer Vielzahl von Gesprächen belegt, wer die Branchenspezifische Logik von Regulierung, Kapitalbedarf und Governance durchdringt, erkennt, dass Führung im Energiesektor der Zukunft ein strategischer Schlüssel zur Versorgungssicherheit ist – Führung ist deshalb nicht nur eine Personalfrage, aber auch.

www.humanlead.de