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< Wir müssen mit den Stadtwerken reden
23.07.2025 15:58 Alter: 132 days

Joint-Ventures für Stadtwerke: Eine attraktive Finanzierungsoption

„Energieversorger können auf privates Kapital bauen, um die Energiewende zu bewältigen. Dafür müssen sie aber ,Hausaufgaben’ machen.”


Links Steffen Apfel, Partner, PwC Deutschland
Rechts Rene Simons, Director, PwC Deutschland
Foto: Thomas Ecke Berlin / PwC

Kommunale Versorgungsunternehmen können finanzielle Herausforderungen der Zukunft meistern – mit privaten Partnern in vorteilhaften Konstellationen. Ein Gastbeitrag für THEMEN!magazin von Steffen Apfel, Partner und Leiter Deals Energiewirtschaft sowie Rene Simons, Director Deals Strategy and Operations bei PwC Deutschland.

Die Energiewende erfordert gewaltige Investitionen: Nach Berechnungen des Bundesverbands der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW) muss Deutschland alleine bis zum Jahr 2030 rund 720 Milliarden Euro in die klimafreundliche Transformation des Energiesystems investieren, um seine Klimaziele zu erreichen. Berechnungen anderer Institutionen ergeben ähnliche Größenordnungen.

Stadtwerke brauchen neue Finanzierungsquellen

Ein beträchtlicher Teil dieser Ausgaben wird auf die Stadtwerke entfallen. Eine Umfrage, die PwC und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) im Jahr 2024 bei 162 VKU­Mitgliedsunternehmen durchgeführt haben, ergab, dass 38 Prozent der befragten Versorger in den kommenden fünf Jahren mindestens das Doppelte ihres Anlagevermögens investieren wollen. Das durchschnittliche avisierte Investitionsvolumen liegt beim 2,2­fachen des bilanzierten Anlagevermögens. Im Durch schnitt können die befragten Unternehmen allerdings nur 29 Prozent ihres Investitionsbedarf durch Innenfinanzierung decken. Und die langfristige Finanzierung ist nur bei 40 Prozent der Versorger durch Bankdarlehen gesichert.

Um die notwendigen Investitionen in die Energiewende tätigen zu können, müssen Stadtwerke also neue Finanzierungsquellen, insbesondere für Eigenkapital, erschließen. Einen optimalen Zugang zu externem Eigenkapital bieten Joint­Ventures (JVs): Mit ihnen lassen sich externe Kapitalgeber einfach und flexibel in Projekte, Geschäftsbereiche sowie neue Geschäftsaktivitäten einbinden.

Joint-Ventures für gezielte Kapitalbeschaffung

Gerade wenn JV-Gründungen eher kurzfristig erfolgen, müssen die Verantwortlichen viele Entscheidungen relativ schnell treffen. In solchen Situationen kann externe Unterstützung sinnvoll sein. PwC zum Beispiel unterstützt bei strategischen Planungen, rechtlichen und steuerlichen Strukturierungen, bei der Suche und Ansprache potenzieller Investoren, beim Aufbau operativer Betriebs­modelle bis hin zur Steuerung von Gesamtprojekten und der „schlüsselfertigen“ Übergabe an die Joint-Venture-Partner.
Quelle: PwC

Grundsätzlich gilt: Externe Investoren über JVs einzubinden ist eine fokussierte Möglichkeit externes Eigenkapital für Projekte einzuwerben, ohne den Weg über eine (Teil­)Privatisierung des Stadtwerks zu gehen. Doch nicht nur für Stadtwerke, sondern auch für externe Investoren sind JV­Strukturen attraktiv, weil sich letztere – je nach Geschäftsstrategie und Risikoneigung – gezielt an für sie passenden Projekten, Geschäftsbereichen und neuen Geschäftsaktivitäten beteiligen können. Die JV­Risiken teilen sich die Beteilig ten. Zusätzlicher Vorteil: Sie profitieren vom Knowhow und den Netzwerken ihrer jeweiligen Partner.

Was außerdem für JVs als Finanzierungsmöglichkeit spricht: Bestehende Finanzierungsverträge auf Stadtwerkeebene können neue bzw. weitere Finanzierungen limitieren, zudem ist die Finanzierungskapazität von Unternehmen grundsätzlich beschränkt. Die JV­Struktur etabliert ein zusätzliches Standbein für besicherte Projektfinanzierungen, die für abgrenzbare Projekte attraktive Strukturen und Konditionen ermöglichen. Hintergrund ist, dass in bestimmten Konstellationen JV­Strukturen erlauben, Fremdkapital außerhalb der Stadtwerkebilanzen auszuweisen: als sogenannte Off­Balance­Finanzierungen. Um sicherzustellen, dass die Versorger ausreichend „Durchgriff“ auf die Projekte haben, sind insbesondere die Satzungen und Dienstleistungsverträge zwischen den JV­Gesellschaften von hoher Bedeutung. Richtig ausgestaltet findet keine Vollkonsolidierung der Stadtwerkebeteiligung am JV statt.

Finanzieren Stadtwerke ihre Investitionen auf Einzelprojektebene, können sie Erträge und Risiken klar abgrenzen und so gezielt Kapital einwerben, das zu dem konkreten Rendite­Risiko­Profil des jeweiligen Investorspasst. Zudem ermöglicht ein geringerer Verschuldungsgrad der Muttergesellschaft (also des entsprechenden Stadtwerks) günstigere Finanzierungen für deren Bestandsprojekte. JV­Strukturen bieten Stadtwerken und externen Investoren außerdem zusätzliche Flexibilität: So können die Versorger beispielsweise Bürgerbeteiligungsmodelle für einzelne Projekte integrieren. Und sollen JVs anorganisch wachsen, können die Gesellschafter akquirierte Projekte vergleichsweise leicht integrieren.

Fünf Schritte zum erfolgreichen Joint-Venture

Um ein JV zu etablieren, ist im ersten Schritt ein geeignetes Projekt zu definieren. Wie viel Kapital wird für das Projekt benötigt – und woher soll das Kapital kommen? Auf Grundlage dieser Überlegungen sollten Stadtwerkeverantwortliche erste Gespräche mit potenziellen Investoren und Partnern führen. Die Gesprächs­ergebnisse fließen schließlich in ein Konzept, das unter anderem die gemeinsame Geschäftsentwicklung grob festlegt.
Als zweiten Schritt sollten die potenziellen Partner einen Geschäftsplan für das JV entwerfen und die gewünschte Beteiligungsstruktur festlegen. Insbesondere für das Stadtwerk ist es ratsam, ein Bilanzierungsgutachten einzuholen, das die Off-Balance-Struktur und die Nicht-Vollkonsolidierung bestätigt. Eine weitere Kernaufgabe in diesem zweiten Schritt ist die Abstimmung mit den Stakeholdern, also zwischen dem Gesellschafter des Stadtwerks und den bestehenden Banken. Dafür ist frühzeitig eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln.
Drittens müssen die JV-Partner ein Betriebsmodell aufsetzen. Dazu gehört unter anderem, eine geeignete Management- und Governancestruktur zu implementieren, ein gemeinsames Steuerungsmodell, KPIs sowie Services (Beistellleistungen) der jeweiligen Partner für das JV zu definieren – und die Verrechnung der Dienstleistungen festzulegen.
Der vierte Schritt ist die operative und gesellschaftsrechtliche Umsetzung des Joint-Ventures: Nun finden die finalen Vertragsverhandlungen zwischen den JV-Partnern statt. Jetzt werden Dienstleistungsverträge, Beteiligungsverträge, Satzungen im Detail formuliert, interne Gremienbeschlüsse gefasst, die JV-Gesellschaft gegründet und Verträge unterzeichnet.
Mit dem fünften Schritt nimmt das Joint-Venture den Betrieb auf: Am „Day 1“ startet der operative Geschäftsbetrieb – und die im Vorfeld gemeinsam abgestimmten Pläne, Zuständigkeiten und Abläufe nehmen „Fahrt“ auf.

Ein strukturierter Ansatz ist unverzichtbar

Angesichts der großen Herausforderungen, die Stadtwerke insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende bewältigen müssen, ist es wichtig, die skizzierten Strukturen strategisch und aktiv vorzubereiten und nachhaltig zu etablieren. Sollten sich passende Gelegenheiten für JVs ergeben – beispielsweise, wenn ein Projekt zum Verkauf steht – können die Verantwortlichen JVs auch anlassbezogen aufsetzen, ein strukturierter Ansatz immer vorausgesetzt.

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