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28.04.2020 16:44 Alter: 4 yrs

Infrastrukturmanagement als Beitrag erfolgreicher Stadtentwicklung

Medial zeitweise in den Hintergrund getreten, bleibt der Klimaschutz weiterhin trotz Corona-Pandemie eines der großen Themen der kommenden Jahre. Die Festlegungen des Klimaschutzprogramms 2030 und des EU-Klimagesetzes sind umzusetzen, wofür nach der Krise erhebliche Mittel bereitgestellt werden. Zum anderen wird das Thema Digitalisierung und Datennetze nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen eine zusätzliche Dynamik erfahren. Für beide Themenfelder gilt, leistungsfähige Infrastrukturen sind das Rückgrat einer jeder funktionierenden und prosperierenden Gesellschaft.


Martin Brück von Oertzen, Rechtsanwalt und Partner Wolter Hoppenberg Rechts­anwälte Partnerschaft mbB Foto© 2019 foto@agmfoto.de

Auch wenn die Versorgungs­branche aktuell noch stark im Bann der COVID-19-Pande­mie steht, so sind schon heute zwei Dinge klar. Erstens, die Krise wird irgendwann vorbei sein und zweitens, die Heraus­forderungen und Aufgaben sind immer noch da. Grund genug, sich bereits jetzt Gedanken zu machen, wie man diesen Herausforder­ungen begegnen und die  evidenten Chancen nutzen kann.

Ein unverzichtbares Hand­lungs­feld für Versorger ist hierbei qualifiziertes und
strategisch ausgerichtetes Infrastrukturmanagement, unterstreicht Rechtsanwalt Martin Brück von Oertzen als gefragter Partner solcher Prozesse in seinem Gast­beitrag.

 

 

Klimaschutz vs. Infrastruktur

Alle ortsbezogenen Umsetzungen des Klimaschutzes hängen unmittelbar mit Infrastrukturfragen zusammen. Die Verkehrswende hin zu mehr Elektromobilität erfordert verlässliche und in ausreichender Zahl verfügbare Ladeinfrastrukturen und zwar bestehend aus Ladesäulen, den notwendigen und gesicherten Stromnetzkapazitäten und letztlich auch verfügbaren Ladeplätzen im öffentlichen Verkehrsraum. Ebenso wird die Wärmewende und damit die Abkehr von Öl-Heizungen hin zu Alternativen der Wärmeerzeugung zumindest mittelfristig von verfügbaren Gasversorgungsinfrastrukturen und auch von Stromnetzkapazitäten abhängen. Letztlich hängt das Gelingen der Energiewende und damit die Abkehr von zentralen und maßgeblich fossilen Energieträgern entscheidend vom Aufbau dezentraler, erneuerbarer Erzeugungsstrukturen ab, die sicher und ohne Limitationen (von Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten einmal abgesehen) in das Stromversorgungsnetz einspeisen können. Eine erfolgreiche Digitalisierung setzt die Verfügbarkeit von schnellen Datenverbindungen voraus. Hier liegt der Infrastrukturschlüssel im Bau von glasfaserbasierten Breitbandverbindungen, die am Besten jedes Gebäude direkt (FTTH) mit dem Datennetz verbinden.

Koordinierte Umsetzung ist gefragt

Die vorgenannten Feststellungen sind allgemein bekannt, ihre koordinierte Umsetzung auf der lokalen Handlungsebene bereitet jedoch mitunter große Probleme. Begründet liegt dies in der Praxis darin, dass die Herausforderungen und Handlungsbedarfe von den Akteuren im Bereich der Infrastrukturen nur bezogen auf die eigene Sparte(n) gesehen und behandelt werden. Hinzu kommt, dass Teile der lokalen Versorgungsinfrastrukturen staatlich reguliert sind. Auch adressieren die staatlichen Förderszenarien jeweils nur einzelne Sparten und fördern mit ihren Regularien (Förderbedingungen, Beihilferecht, Ausschreibungspflicht, Verwendungsnachweise etc.) die Verinselung von Projekten.

Dabei ist mit Händen zu greifen, dass gemeinsames ggf. arbeitsteiliges Agieren der lokalen Infrastrukturakteure nicht nur planungsseitig und strategisch, sondern auch hinsichtlich der Verfügbarkeit von Kapazitäten und unter Kostengesichtspunkten vorteilhaft ist. Allein der Bereich des Tiefbaus mit seinen Kapazitätsengpässen und die Kostenexplosion der vergangenen Jahre macht dies mehr als deutlich.

Verwaltung ist gefordert

Nunmehr wäre es eigentlich die klassische Aufgabe von Kommunen, die Infrastrukturaktivitäten in Ansehung der Stadtentwicklungsplanung zu begleiten, zu steuern und zu koordinieren. Leider liegt die Wahrnehmung dieser Aufgabe häufig nicht im Fokus der Verwaltung. Dies liegt an personellen Engpässen genauso, wie an der vielfach mangelnden Expertise betreffend eines nachhaltigen und zukunftsorientierten Infrastrukturmanagements. Die Lage wird sich im Nachgang der Corona-Pandemie noch verschärfen, da intensiv über Konjunkturmaßnahmen im Lichte des Klimaschutzes diskutiert wird.

Diese Ausgangslage eröffnet Perspektiven und Chancen. Wer, wenn nicht die Versorgungsunternehmen vor Ort, können Expertise in der Planung, im Bau und der Unterhaltung lokaler Infrastrukturen nachweisen. Es sind die Versorgungsunternehmen, die schon seit Jahrzehnten dazu verpflichtet sind, verfügbare, leistungsfähige und resiliente Versorgungsinfrastrukturen vorzuhalten, die mit Smart-Meter-Rollout und Steuerungsanforderungen an Versorgungsnetze “dicht dran” an der Digitalisierung vor Ort sind und mit Sektorkopplung auch spartenübergreifende Themen aktiv gestalten. So bestechend die Erkenntnis und so verlockend die Chance, so schwierig ist vielfach die konkrete Umsetzung.

Infrastrukturmanagement braucht Kommunikation

Erfolgreiches Infrastrukturmanagement gelingt, so die praktische Erfahrung, wenn einige Grundvoraussetzungen bestehen bzw. geschaffen werden. Existentielle Grundlage ist zunächst eine gemeinsame, verlässliche und aussagekräftige Datenbasis. Diese ist in Versorgungsunternehmen bezogen auf die Versorgungsnetze im GIS-System typischerweise bereits vorhanden. Das “GIS” lässt sich meist über weitere Fachschalen mit geringem Aufwand erweitern und auch die Zugänglichkeit (Lesezugriff) für Dritte herstellen. Für die weiteren Schritte eines koordinierten Vorgehens hat sich auch die Dokumentation des Zustands der einzelnen Infrastrukturbestandteile als hilfreich erwiesen.       

Der nächste Schritt ist der institutionalisierte, regelmäßige und verbindliche Austausch der Akteure. Hier kann man zwanglos auf die Planungszyklen aufsetzen, die in der Versorgungswirtschaft etabliert sind. Diese bilden jedoch nur den äußeren Rahmen; inhaltlich ist es wichtig, dem Infrastrukturmanagement eine für alle Beteiligten verbindliche Richtung zu geben. Dies schließt Einzelmaßnahmen von Beteiligten keineswegs aus.

Schlussfolgerungen

Gemeinsam mit Politik, Verwaltung und den weiteren Infrastrukturbetreibern gilt es Ausbauschwerpunkte festzulegen, Bedarfe zu identifizieren und Wirtschaftsförderung, Stadtentwicklung, Energiewende und Digitalisierung in einer einheitlichen Planung abzubilden. Auf der so geschaffenen Grundlage lassen sich konkrete Infrastrukturmaßnahmen planen und umsetzen, die Synergien heben, Breitbandausbau durch direkte Verlegung oder Leerrohrinfrastruktur fördern und Kapazitäten optimieren. Dies gilt für den Bereich des bedarfsgerechten Ladeinfrastrukturausbaus in gleicher Weise, wie bei der Kombination von Erneuerungsmaßnahmen mit Breitbandausbau in Bestandsquartieren. Es sind gerade die kommunalen Versorgungsunternehmen, die hier in die Verantwortung gehen können und mit ihrer Expertise den wichtigen Bereich des Infrastrukturmanagements vor Ort besetzen können.

www.wolter-hoppenberg.de

Die kreisfreie Stadt Hamm in Nordrhein-Westfalen ist Beispiel für ein qualifiziertes und strategisch ausgerichtetes Infrastrukturmanagement.