Nachricht

< Wir müssen mutig sein
05.12.2018 16:13 Alter: 5 yrs

Grüne Gase sind für Energiewende unverzichtbar

Im politischen Dialog diskutiert die Energiewirtschaft intensiv über geeignete Rahmenbedingungen, damit Erdgas und grüne Gase ihre Klimavorteile in der Stromerzeugung, im Verkehrssektor sowie im Wärmemarkt voll ausspielen können. Die gat 2018 leistete dazu als größte Kommunikationsdrehscheibe der Branche wieder einen wichtigen Beitrag.


Nun zeigt eine aktuelle Gesamtanalyse wissenschaftlicher Studien: Grüne Gase sind für die Energiewende unverzichtbar. Wesentliche Aussagen dieser Meta-Studie benennt Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) in einem Gastbeitrag.

Foto: DVGW

Das unabhängige Energieberatungsunternehmen Ecofys hat in einer Meta-Analyse die Rolle von grünen Gasen für den Erfolg der Energiewende untersucht. Erarbeitet wurde die Studie im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und der Brancheninitiative Zukunft ERDGAS. Die zentralen Ergebnisse wurden Ende Oktober auf der gat 2018 in Berlin vorgestellt.

Glaubwürdig wird die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung nicht durch die Ankündigung ehrgeiziger Ziele, sondern die Auswahl der geeigneten Instrumente. Hört man dies in der Politik? Mit der aktuellen Metastudie wird belegt, dass sich die ambitionierten Klimaziele für das Jahr 2050 durch den Einsatz grüner Gase am kostengünstigsten erreichen lassen.

Ecofys hat rund zehn Studien verschiedener Auftraggeber aus der Energiebranche ausgewertet, die sich mit der Rolle der Power-to-Gas- Technologie im Kontext der Sektorenkopplung beschäftigen. Die Analyse zeigt: Sollen die CO2- Emissionen bis 2050 um mehr als 90 Prozent reduziert werden und die Energiewende bezahlbar bleiben, wird der Einsatz von grünen Gasen ab dem Jahr 2030 unverzichtbar.

Erdgas als Klimahebel

Die Energiewende hat bisher über 250 Milliarden Euro gekostet. Dennoch haben die milliardenschweren Maßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren Ihre Wirkung deutlich verfehlt: Die Emissionen sind nicht wesentlich gesunken. Deshalb brauchen wir jetzt wirksame Maßnahmen, um bei den CO2-Emissionen gegenzusteuern – nicht erst in 10 oder 15 Jahren. Gefordert ist eine CO2- Vermeidungsstrategie mit schnellen Erfolgen. Die Gaswirtschaft bietet genau das.

Allein durch die Substitution von Braunkohledurch Gaskraftwerkskapazitäten können ab sofort jährlich gut 70 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden – zu moderaten Kosten und ohne Abstriche bei der Versorgungssicherheit. Und mit diesem „Fuel Switch“ von Braunkohle zu Erdgas kommt Deutschland seinen Klimaschutzzielen mit vergleichsweise geringen volkswirtschaftlichen Kosten von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr deutlich näher als mit anderen Energie-Strategien.

Technologieoffenheit entscheidet

Die Kosten, um die Klimaschutzziele zu erreichen, würden durch eine technologieneutrale Energiewende mit Gas im Vergleich zu einer reinen Elektrifizierungsstrategie zudem deutlich geringer ausfallen, so die Studie weiter. Eine Zielerreichung unter einer politischen Technologie-Vorgabe hingegen (so z. B. eine vornehmlich elektrisch getriebene Strategie) führt nach Ergebnissen der untersuchten Studien regelmäßig zu Ineffizienzen und damit zu Mehrkosten im Vergleich zu einem technologieoffenen Pfad. Auch fossiles Erdgas spielt bei einem gesetzten Ziel von 80 Prozent CO2-Minderung noch eine große Rolle. Die Gasnachfrage (fossil und erneuerbar) in den kostenoptimalen Szenarien der Studien bleibt auf einem signifikant hohen Niveau.

Gasinfrastrukturen sind kostendämpfend

Gasinfrastrukturen sind ein zentraler und kostendämpfend wirkender Bestandteil der Energiesysteme der Zukunft. Die kumulierten Kostenvorteile durch die Nutzung von erneuerbaren Gasen und zugehöriger Gasinfrastrukturen erreichen bis zu rund 400 Milliarden Euro. Fast alle untersuchten Studien schreiben der Erdgasinfrastruktur eine wesentliche Rolle bei der Speicherung von erneuerbarem Strom zu.

Das Gasnetz und die Gastechnologien bilden dabei einen erheblichen Teil der notwendigen Flexibilität für die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. So können nicht nur bestehende effiziente Gasanwendungen im Wärmemarkt weiter genutzt werden, auch im Bereich Mobilität ergeben sich neue Anwendungsfelder. In der Stromerzeugung werden Gaskraftwerke das vorrangige und einzige Back-up für die Erzeugung aus Erneuerbaren. Die Studien verweisen hier auf bis zu 110 GW installierte Leistung. Statt in Bezug auf Gasanwendungen von Lock-in- Effekten zu sprechen, sollten diese Technologien in die politischen Überlegungen der Sektorenkopplung explizit einbezogen werden.

Einbinden im zukünftigen Energiekonzept

Erneuerbare Gase benötigen ein festes Ziel im zukünftigen Energiekonzept. Dieses sollte mit konkreten Ausbaumengen für Referenzjahre, vergleichbar mit den Zielen im Stromsektor, hinterlegt werden. Gerade bei den ehrgeizigen Klimaschutzzielen wird die Herstellung von Gasen aus regenerativ erzeugtem Strom erforderlich werden, um die gesetzten Ziele sozialverträglich zu erreichen. Daher ist die Entwicklung der Technologie durch den Bau von Anlagen bereits heute notwendig und muss zügig erfolgen. Hier zeigen die untersuchten Studien einen notwendigen Aufbau von bis zu 270 GW Elektrolysekapazität.

Damit die Technologie rechtzeitig zur Verfügung steht, müssen bereits heute Markteinführungs- und Hochlaufprogramme starten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Erzeugungskosten durch Lern- und Skaleneffekte auf ein wirtschaftliches Maß sinken können. Hierfür müssen auch die Chancen genutzt werden, über das Instrument der Reallabore im neuen Energieforschungsprogramm Power-to-Gas zu unterstützen. Denn Power-to-Gas ist heute kein reines Forschungsthema mehr. Und es bedarf eines zügigen Abbaus von bestehenden Hemmnissen für erneuerbare Gase in Gesetzen und Verordnungen. Gas (inkl. EE-Gase) sollte Strom im gesetzlichen Zielsystem gleichgestellt werden.

Politik ist in der Pflicht

Nach wie vor hemmen regulatorische Schranken die Nutzung von Gasen und ihren Infrastrukturen. Deshalb muss der ordnungspolitische Rahmen schnellstens sektorenübergreifend vereinheitlicht werden. Die Systematik der Steuern, Abgaben und Umlagen auf Energie muss zügig neu strukturiert werden und sektorenübergreifende Energieflüsse dürfen nicht länger sanktioniert werden.

Die Metaanalyse zeigt: Ohne Gas geht es nicht – weder heute noch morgen. Seite an Seite mit erneuerbaren Energien dient das Erdgasnetz durch die Speicherung von erneuerbarem Strom als grüne Batterie der Energiewende. Und die nötige Infrastruktur steht – was nun noch fehlt, ist ein schlüssiges Konzept der Politik, um den Umbau des Energiesystems erfolgreich zu vollenden.

Die Studienergebnisse belegen, die gesetzliche Verankerung eines Zieles für grüne Gase im Energiesystem entsprechend der erneuerbaren Energien beim Strom sind unabdingbar und sollten zügig politisch umgesetzt werden. Weitere Informationen zur Studie unter:

Opens external link in new windowwww.dvgw.de