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Gaia-X, die Zukunft europäischer Dateninfrastruktur
„Gaia-X legt als Rahmenwerk für dezentrale Dateninfrastruktur mit Standards und offenen Schnittstellen das Fundament für einen sicheren und selbstbestimmten Datenaustausch“.
Damit Europa wettbewerbsfähig und krisensicher ist, benötigt es transparente, souveräne und vertrauenswürdige digitale Infrastrukturen. Mit der europäischen Initiative Gaia-X soll dafür eine sichere und interoperable Dateninfrastruktur für Unternehmen und Institutionen geschaffen werden.
Zu Gaia-X informiert Ulrich Ahle, Chief Executive Officer der Gaia-X European Association for Data and Cloud AISBL im Gespräch mit THEMEN!magazin.
Herr Ahle, was ist Gaia-X?
Aktuell stehen wir vor der Herausforderung, die Bereitschaft und Fähigkeit zur Datenwertschöpfung zu erhöhen. Gaia-X ist die nächste Generation einer souveränen Dateninfrastruktur: Ein offenes, transparentes und sicheres digitales Ökosystem, in dem Daten und Dienste in einer vertrauensvollen Umgebung zur Verfügung gestellt, gesammelt und gemeinsam genutzt werden können.
Die Wertschöpfung aus Daten vollzieht sich in rasantem Tempo. Deshalb ist es unsere Vision, dezentrale digitale Ökosysteme zu ermöglichen. Und die Schaffung eines De-facto-Standards für föderierte und vertrauenswürdige Daten- und Infrastruktur-Ökosysteme durch die Entwicklung von Spezifikationen, Regeln, Richtlinien und eines Verifizierungsrahmens.
Wie steht es um die Architektur von Gaia-X?
Die Architektur von Gaia-X beruht auf dem Prinzip der Dezentralisierung. Gaia-X, das sind viele einzelne Dateneigentümer (Nutzer) und Technologieakteure (Anbieter), die alle einen gemeinsamen Standard von Regeln und Kontrollmechanismen − den Gaia-X-Standard − annehmen. Führende Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren wie Mobilität, Energie und Industrie gestalten hier mit und innerhalb des Gaia-X Ökosystems sind die Aufgaben auf verschiedene Akteure verteilt.
Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft aus Europa und der ganzen Welt arbeiten Hand in Hand zusammen, um ein föderiertes Ökosystem aufzubauen. Dadurch können Unternehmen und Bürger Daten sicher sammeln und austauschen, sie können selbst bestimmen, was mit ihren Daten geschieht, wo sie gespeichert werden, und so stets die Kontrolle über diese behalten. Gemeinsam entwickeln wir so ein neues vertrauenswürdiges Konzept für eine Dateninfrastruktur, das auf den europäischen Werten der Offenheit, Transparenz, Souveränität und Interoperabilität basiert.
Ist Gaia-X eine neue Cloudstruktur?
Das Ergebnis ist keine neue Cloud-Infrastruktur, ähnlich zu den bestehenden Lösungen am Markt, sondern ein föderiertes System, das viele unterschiedliche Cloud-Dienstanbieter und Dateneigentümer auf Basis gemeinsamer Standards miteinander verbindet. Gaia-X ermöglicht Unternehmen, Privatpersonen und Regierungen die sichere, transparente und souveräne Kontrolle über ihre Daten durch eine dezentrale Cloud-Infrastruktur.
Durch Ihre Teilnahme erhalten Sie Zugang zu einem vertrauenswürdigen Ökosystem und einer Community, die Innovation, Zusammenarbeit und Skalierbarkeit branchenübergreifend fördert und gleichzeitig die Einhaltung europäischer und lokaler Vorschriften gewährleistet. Teilnehmer profitieren von Innovationen im Bereich Datenschutz, Interoperabilität und der Möglichkeit, die digitale Transformation aktiv mitzugestalten. So wird ein Datenaustausch in einer vertrauenswürdigen Umgebung gewährleistet und die Entstehung neuer gemeinsamer Datenräume für die digitale Wirtschaft gefördert.
„Die Grundprinzipien von Gaia-X sind Datensouveränität, Interoperabilität, Offenheit und Transparenz”
- Ulrich Ahle
Welche Aufgabe hat dabei die European Association?
Die Mitglieder der Gaia-X European Association for Data and Cloud (AISBL) definieren die technischen und regulatorischen Anforderungen und AISBL vertritt Mitgliedsorganisationen aus ganz Europa und der Welt. Die Gaia-X Hubs sind auf nationaler Ebene die Organisatoren und das Sprachrohr der bestehenden Gaia-X Community mit einem Fokus auf die Anwenderseite in den Branchen.
Ihre Hauptziele sind die Bündelung nationaler Initiativen, die Entwicklung von Use Cases und Datenräumen und die Bereitstellung einer zentralen Anlaufstelle für Interessierte der jeweiligen Länder. Es herrscht eine gute Balance unter den Mitgliedern – mehr als 40 % sind KMUs. Bereits über 260 Organisationen und Unternehmen sind Teil von Gaia-X, weiter wachsend.
Und der Verband fördert eine Open-Source-Zusammenarbeit zum Aufbau eines robusten und dezentralen Systems digitaler Clearingstellen sowie eines Verifizierungsrahmens, um Vertrauen und Interoperabilität beim Datenaustausch durch eine Kombination offener Standards zu gewährleisten.
Wo liegen die Vorteile von Gaia-X?
Heute bauen viele kleine und mittlere Unternehmen immer wieder individuelle Schnittstellen für den Datenaustausch und interoperable Lösungen mit einzelnen Kunden auf. Das ist aufwendig und teuer. Gaia-X stellt dagegen gemeinsame Mechanismen zum Datenaustausch zur Verfügung und erfüllt die hohen Anforderungen an das Vertrauen der Marktteilnehmer. Somit fungiert Gaia-X als eine Art Open-Source Betriebssystem und ein Label für Vertrauen.
Die heute existierenden Daten sind meist geographisch über verschiedene Speicherorte verteilt und es ist schwierig, sie sicher zusammenzubringen. Zusätzlich wollen oder können viele Benutzer sie unter anderem aus Datenschutzbedenken nicht verschieben. Das liegt an der großen Marktmacht einiger weniger Cloud-Anbieter, die durch ihre starke Marktdurchdringung Monopole aufbauen und dabei proprietäre, nicht interoperable Technologien nutzen. Viele Unternehmen zögern daher, diese einzusetzen. Die Cloud-Nutzung in Europa liegt heute bei ca. 26 Prozent. Das bedeutet, dass die meisten unserer Daten und Anwendungen noch immer nicht zugänglich und ausgetauscht werden können.
Was kann Gaia-X hier bewirken?

- Grafik: Gaia-X
Gaia-X schafft ein Framework, das es den Nutzern ermöglicht, qualifizierte Entscheidungen auf der Grundlage europäischer Werte zu treffen. Das Framework sorgt für Vertrauen und Wahlfreiheit bei der Entscheidung für cloudbasierte Lösungen. Dadurch wird die Entwicklung neuer digitaler Lösungen und Dienstleistungen in einem sicheren und vertrauenswürdigen Umfeld zugunsten einer florierenden europäischen digitalen Wirtschaft beschleunigt.
Vision und Mission treffen sozusagen aufeinander. Denn zusammen erschaffen wir ein offenes, transparentes und sicheres digitales Ökosystem nach gemeinsamen Regeln, Standards und Schnittstellen. Dadurch können Daten und Dienste frei und sicher erstellt, gebündelt und gemeinsam genutzt werden.
Gaia-X steht Unternehmen und Organisationen aller Länder offen und bietet allen Nutzern und Technologieanbietern die Möglichkeit, gemeinsam an der nächsten Generation des Dateninfrastruktur-Ökosystems für Datenräume arbeiten. Jedes Mitglied kann sich an den jeweiligen Arbeitsgruppen beteiligen. Vom Start-up bis zum Großunternehmen, von der Universität bis zur öffentlichen Einrichtung − jeder kann einen Beitrag leisten.
Es gibt auch einen Gaia-X Hub Germany?
Der Gaia-X Hub Germany ist eine von insgesamt 24 zentralen nationalen Kontaktstellen für alle Akteure, die an der Entwicklung und Mitwirkung von Gaia-X interessiert sind. Seit seiner Gründung 2020 bietet er deutschen Unternehmen, Verwaltungen, Initiativen und Organisationen die Möglichkeit zur Information, zum gemeinsamen Austausch und zur Vernetzung. Im Rahmen dessen nimmt der Hub seine Aufgabe wahr, die verschiedenen Stakeholder über die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Vorteile des entstehenden Gaia-X Ökosystems zu informieren und konkrete Bedarfe zu identifizieren. Ziel des Projekts ist der Aufbau einer interoperablen digitalen Infrastruktur, die für Datensouveränität, Datensicherheit sowie die Einhaltung europäischer Datenschutzstandards steht.
Wie arbeitet der Gaia-X Hub?
Die europäische Dateninfrastruktur Gaia-X setzt auf die praktische Erfahrung und branchenspezifische Expertise der beteiligten Akteure beim Aufbau ihrer flexiblen Referenzarchitektur. Deshalb nutzt der deutsche Gaia-X Hub die Erfahrungen und Expertise aller Teilnehmenden innerhalb der nationalen Community, um die praktische Umsetzung möglichst zahlreicher Gaia-X-basierter Geschäfts- und Mehrwertmodelle voranzubringen.
So zeigt das Team des Gaia-X Hub Germany allen Mitgliedern und Interessierten auf, welche Mehrwerte Gaia-X deutschen Unternehmen und Organisationen im Einzelnen bietet, wie sie eigene Projekte in dem Ökosystem möglichst effizient und kostensparend umsetzen können, aber auch worauf sie dabei achten müssen.
Warum sollte man Teil der deutschen Gaia-X Community werden?
Als Teil der Community kann man aktiv an der Entstehung eines sicheren, vertrauenswürdigen und transparenten digitalen Ökosystems mitwirken. In Zusammenarbeit mit der Community kann man den Aufbau von Datenräumen sowie neue, zukunftsweisende Geschäftsmodelle entwickeln und realisieren.
Und man profitiert von einer spezifischen, aber auch branchenübergreifenden Expertengemeinschaft und einem starken deutschen Netzwerk. Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Teilnehmen können alle, die an Gaia-X interessiert sind – von Startups, bis hin zu Institutionen der öffentlichen Verwaltung.
Zusätzlich bietet sich eine Mitgliedschaft in der internationalen Gaia-X AISBL an.



