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< Ambitionierte Ziele brauchen Technologieoffenheit
20.08.2021 16:28 Alter: 3 yrs

„Fit for 55“ verlangt die gesellschaftliche Diskussion

Mit Verabschiedung des Europäischen Klimagesetzes wurden die neuen EU-Klimaziele rechtlich verankert. Mit welchen Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollen, zeigt die EU-Kommission in ihrem „Fit for 55“-Paket auf, das am 14. Juli 2021 vorgestellt wurde. Wir sprachen mit Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender der MVV Energie AG in Mannheim, zu seinen ersten Eindrücken zum neuen EU-Paket.


Dr. Georg Müller, Vorstandsvorsitzender MVV Energie AG Foto: MVV Energie AG

„Wir benötigen die richtigen klimapolitischen Leitplanken, um die globale und epochale Herausforderung Klimaschutz in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Beteiligten bewältigen zu können. Deshalb appellieren wir an die Politik, die Rahmenbedingungen für den Einsatz klimafreundlicher Technologien weiter zu konkretisieren und die Bremsen großflächig zu lösen“. Dr. Georg Müller

Herr Dr. Müller, wie bewerten Sie aus Sicht eines Energieversorgers das „Fit for 55“-Paket?

„Fit for 55“ ist eine deutliche politische Botschaft: Brüssel meint es ernst! Mit „Fit for 55“ hat die EU-Kommission ein umfassendes Regelwerk vorgelegt, das die ganze Union auf lange Sicht prägen wird – dafür muss es aber noch durch den EU-Rat und durch das EU-Parlament.

Unser Eindruck: Die Gesetzesentwürfe der EU-Kommission sind durchaus dazu geeignet, die CO2 -Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Als Unternehmen, das sich selbst das Ziel Klimaneutralität gesetzt hat, begrüßen wir dies sehr: Es ist höchste Zeit, zu handeln. Denn die Energiewende braucht mehr Tempo und mehr Mut!

Wie passt „Fit for 55“ zu dem Vorschlag für europäische Leitlinien für Klima-, Energie- und Umweltbeihilfen (KUEBLL)?

Die jetzt von der DG COMP zur Konsultation vorgelegten Leitlinien sind deutlich unkonkreter als die bestehenden. Damit lassen sie viel Spielraum für individualstaatliche Interpretationen – was in Transformationsphasen wie den aktuellen hilfreich sein kann. Sie öffnen damit aber auch Spielräume für das Urteil der Kommission zu den nationalen Gesetzesvorhaben. Für eine schnelle Umsetzung der Klimaziele sind solche Unsicherheiten dann ein Bremsklotz, wenn Investitionen unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der EU-Kommission stehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur zwei Beispiele nennen: Insbesondere die KUEBLL-Leitlinien müssen mit den Zielen des „Green Deal“ kompatibel sein. Und die EEG-Zielmengen für Wind und PV müssen an den Green Deal der EU angepasst werden.

Einzelne Regelungsvorschläge, etwa für die Beihilfen für Investitionen in Kälte- oder Wärmenetze, sind sogar direkt kontraproduktiv zu den Zielen von „Fit for 55“. Die für Klimaschutz unerlässliche Dekarbonisierung der Wärmenetze wird damit mindestens verzögert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Hier darf die DG COMP als Generaldirektion Wettbewerb nicht die übergreifenden Ziele der gesamten Kommission aushebeln.

Sind die aktuellen Regelungen zu den Erneuerbaren Energien ausreichend?

Wir wollen als MVV so viele „Grüne Optionen“ nutzen wie möglich. So investieren wir bereits seit Jahren konsequent in den Ausbau der erneuerbaren Energien, in Energieeffizienz und in innovative Geschäftsmodelle.

Um hier die volle Schlagkraft zu entfalten, brauchen wir aber verlässliche und konstruktive Rahmenbedingungen für Investitionen. Und zwar auf Bundes- wie auch auf EUEbene. Damit wir unter klaren Leitplanken investieren können, darf sich die Umsetzung der Richtlinien aus Brüssel auf nationaler Ebene nicht verzögern. Die Bundesregierung muss sich für genau diese verlässlichen und konstruktiven Rahmenbedingungen einsetzen.

Herr Dr. Müller, vielen Dank für das Gespräch.

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