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< Wasserstoffbasierte Antriebe: Optionen in der internationalen Schifffahrt
27.02.2023 11:04 Alter: 1 year

Europäische WasserstoffUnion für eine souveräne Energieversorgung

Ein klarer Rechtsrahmen, eine Transport-Infrastruktur und Sprinter-Programme für einen massiven Kapazitätsausbau von Schwerpunktregionen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien mit europäischen Partnerstaaten ist jetzt erforderlich, um das enorme marktwirtschaftliche Potenzial in der EU und in Deutschland zu entfesseln.“ Werner Diwald


Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender DWV Foto: DWV

Vertreter aus Politik und Wirtschaft diskutierten kürzlich in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft (DPG) in Berlin auf dem 24. H2-Wirtschaftsgespräch des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) e. V. notwendige Maßnahmen für den Hochlauf einer deutschen und europäischen grünen WasserstoffMarktwirtschaft. Für die Leser von THEMEN!magazin fasst Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des DWV, die Ergebnisse in einem Gastbeitrag zusammen.

Russlands schockierender Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 leitete eine neue geopolitische Ära für alle europäischen Länder ein. Die EU verhängte nicht nur schwere Wirtschaftssanktionen, sondern strebt die vollständige Energieunabhängigkeit von Russland als wichtigster Energielieferant durch eine beschleunigte Energiewende auf Basis einer grünen Wasserstoff-Marktwirtschaft an. Es gilt also, so schnell wie möglich sich von der russischen Energieabhängigkeit zu lösen, ohne sich in neue fragwürdige Abhängigkeiten zu begeben.

Grüner Wasserstoff ist Schlüsselelement der Energiewende

Grüner Wasserstoff oder daraus produzierte Derivate sind ohne Zweifel das Rückgrat für eine erneuerbare, versorgungssichere und wirtschaftliche Energieversorgung. Dafür muss Deutschland jedoch mit Weitsicht die richtige Strategie wählen. Es gilt jetzt, nachhaltige und kosteneffiziente Strategien für den Transport, die Speicherung und die Verteilung des grünen Wasserstoffs einzuleiten. Es braucht einen investitionssicheren Rechtsrahmen für eine Transport-Infrastruktur, grüne Wasserstofferzeugung und -nutzung in energieintensiven Industrien als auch für die Mobilität, um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Zugleich muss ein Sprinter-Programm den sofortigen Ausbau der Kapazitäten für erneuerbare Energien zur Erzeugung von grünem Wasserstoff anreizen, die richtige Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA. Wasserstoffpartnerschaften mit europäischen Partnerstaaten stärken nicht nur den Geist der EU, sondern entfesseln das enorme marktwirtschaftliche Potenzial in der EU und in Deutschland.

Klimaschutz und Wasserstoff-Marktwirtschaft europäisch gestalten

Der Hochlauf einer grünen Wasserstoff-Marktwirtschaft lässt sich nur mit enger europäischer Zusammenarbeit voranbringen. Die geopolitisch und auch volkswirtschaftlich optimalste Lösung für den gesicherten Import von grünem Wasserstoff ist, den Fokus auf die europäische Union und seine Nachbarn zu legen. Der Grund liegt in den sehr niedrigen Transportkosten für Wasserstoff über Pipelines, insbesondere wenn man auf die bestehende Infrastruktur zurückgreifen kann.

Aber auch die damit verbundenen Aspekte der geopolitischen Stabilisierung innerhalb der EU und entlang ihrer Außengrenzen müssen in die volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden. Letztlich bedeutet der Import von Wasserstoff über Pipelines die größte Chance, etablierte Wertschöpfungsketten in der EU zu erhalten. Den internationalen Wettbewerb werden wir nur gemeinsam mit unseren europäischen Partnern gewinnen. Die EU ist in der Lage, eine versorgungssichere Wasserstoff-Wirtschaft aufzubauen, die erforderliche Infrastruktur auszubauen und sich auf dem internationalen Markt zu behaupten.

Herausforderung Europäischer Wasserstoff-Markt

Die Entwicklung eines koordinierten Ansatzes für die Schaffung eines europäischen Wasserstoffmarktes ist eine Herausforderung. Deutschland und die EU benötigen zur Dekarbonisierung ihrer Industrien als auch für die Energieunabhängigkeit von russischem Erdgas mindestens 700 TWh/a an grünem Wasserstoff. Die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ist daher auch künftig von entscheidender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Die EU-Kommission hat mit dem REPower EU-Programm den Grundstein für eine grüne Wasserstoff-Union mit einem Investitionspotenzial für unsere Wirtschaft von über 250 GW an Elektrolyseleistung und über 300 GW an erneuerbaren Energien bis 2030 gelegt. Es gilt nun, dieses Potenzial mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von mehr als 500 Mrd. EUR industriepolitisch und energiepolitisch zu sichern. Das europäische Pipeline-Netz ist hierfür ein wertvolles Asset für den transeuropäischen Austausch von grünem Wasserstoff. Insbesondere, da wir sofort mit dem Aufbau von Wind-Wasserstoff-Kraftwerken und dem Import des grünen Wasserstoffs aus Süd-Osteuropa beginnen könnten.

Dringende Stärkung europäischer Wasserstoff-Wertschöpfungsketten

Damit sich die europäische energieintensive Industrie in einer defossilisierten Weltwirtschaft behaupten kann, ist es dringend nötig, jetzt die Wasserstoff-Wertschöpfungsketten innerhalb der EU durch strategische Partnerschaften mit den unmittelbaren Nachbarn zu entwickeln. Dabei müssen die an erneuerbaren Energien reichen südöstlichen EU-Länder mit ins Boot geholt werden. Denn der Transport von Wasserstoff über das bestehende Gas-Pipeline-Netz ist ohne Frage ein entscheidender Faktor in der Implementierung einer Wasserstoff-Infrastruktur.

Rechtsrahmen und Investitionssicherheit

Um den beschleunigten Hochlauf für eine Produktion aus grünen Wasserstofferzeugungsregionen anzureizen und den strategischen Ausbau einer Infrastruktur gleichzeitig voranzutreiben, muss die EU jetzt dafür sorgen, dass ein klarer Rechtsrahmen geschaffen und Investitionssicherheit errichtet wird. Da das globale Rennen um den Wasserstoffmarkt an Fahrt gewinnt, läuft die EU ansonsten Gefahr, von Ländern wie den USA überholt zu werden, die leicht verständliche Anreizsysteme für Wasserstoffinvestoren und -entwickler bieten.

Nationale Wasserstoffstrategie zügig fortschreiben

Die nationale Wasserstoffstrategie muss zügig fortgeschrieben und mit konkreten Maßnahmen umgesetzt werden. Wenn Branchen mit schwer reduzierbaren Emissionen mit Wasserstoff defossilisiert werden sollen, müssen jetzt Investitionsentscheidungen ermöglicht werden. Grüner Wasserstoff muss bald fließen und Importe sind zum Erreichen der Klimaziele und einer sicheren Energieversorgung unumgänglich. Damit das gelingt, muss die EU dafür sorgen, dass ein klarer Rechtsrahmen und eine Wasserstoff-Transportinfrastruktur errichtet wird.

Stärkung eines europäischen Wasserstoffbinnenmarktes

Um die Ziele für Wasserstoffproduktion zu erreichen und den strategischen Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben, bedarf es auch einer stärkeren Koordinierung innerhalb der EU. Hierbei sind Energiepartnerschaften auf bilateraler Basis zwischen besonders proaktiven Mitgliedstaaten für den strategischen Fahrplan einer grünen Wasserstoffproduktion essenziell. Auch ein klimaneutrales Europa wird weiterhin auf Energieimporte angewiesen sein.

Wichtiger Appell an die Bundesregierung

Für den Hochlauf einer deutschen Wasserstoff-Marktwirtschaft benötigt die Branche endlich ein verlässliches Marktdesign. Dies betrifft zum Beispiel:

» Die Verabschiedung einer 37. BImSchV, notfalls auch unabhängig von den erwarteten europäischen Rechtsakten.

» Der Entwurf zur Weiterentwicklung der Nationalen Wasserstoffstrategie ist nicht ambitioniert und konkret genug.

» Der US-amerikanische Inflation Reduction Act (IRA) braucht jetzt eine starke europäische Antwort.

Eine strategische europäische Wasserstoffpartnerschaft bietet Deutschland eine weitere Option, seine im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) verankerten Ausbauziele von 250 GW bis 2030 zu erreichen. Gleichzeitig eröffnet eine europäische grüne Wasserstoff-Union die Chance, Disparitäten zwischen europäischen Mitgliedsstaaten aufzulösen oder abzumindern. Die gezielte Berücksichtigung des Imports von erneuerbaren Energien nach Deutschland und Nordwesteuropa über den Energieträger Wasserstoff ist die Grundlage für den Aufbau einer belastbaren, investitionssicheren und versorgungssicheren erneuerbaren Energieversorgung in Europa.

www.dwv.de