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< Der Wert von Wasserstoff im Wärmemarkt
19.10.2021 16:27 Alter: 3 yrs

EU-Wasserstoffimporte könnten bis 2050 die Hälfte des Bedarfs decken

Die Wasserstoffproduktion in der Europäischen Union wird nicht ausreichend zur Deckung der Nachfrage sein. Wasserstoffimporte aus Nachbarländern bieten sich als Alternative an. Deshalb sind Szenarien für die Produktion und den Verbrauch von dekarbonisiertem Wasserstoff und seinen Derivaten von grundsätzlicher Bedeutung. Die neue europäische Studie des Weltenergierat „Decarbonised hydrogen imports into the European Union: challenges and opportunities“ findet hier Ansätze, wie Dr. Carsten Rolle, Geschäftsführer des Weltenergierat – Deutschland, aktuell für THEMEN!magazin informiert.


Dr. Carsten Rolle, Geschäftsführer Weltenergierat – Deutschland Foto: Ole Spata

„Um sicherzustellen, dass die notwendigen Investitionen rechtzeitig getätigt werden, bedarf es klarer rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen. Dazu gehören die Festlegung internationaler Qualitäts-, Technik- und Sicherheitsstandards für Wasserstoff und seine Derivate, die Etablierung eines Zertifizierungssystems für erneuerbaren und CO2 -armen Wasserstoff sowie ein solider Rechtsrahmen, der den Aufbau der H2 -Infrastruktur in der EU ermöglicht und koordiniert.“ Dr. Carsten Rolle

Viele europäische Staaten haben die Nutzung von erneuerbarem und CO2 -armen Wasserstoff (H2 ) als zentrales Mittel zur Erreichung ihrer Klimaziele identifiziert. Bis 2050 könnte der Gesamtbedarf an Wasserstoff und wasserstoffbasierten Brennstoffen in der Europäischen Union (EU) von aktuell ca.10 Millionen Tonnen deshalb auf bis zu 60 Millionen Tonnen bzw. 2.000 Terawattstunden steigen.

EU wird H2 importieren müssen

Nicht jedes EU-Land wird seine Nachfrage nach klimaneutralem Wasserstoff durch die eigenen Erzeugungskapazitäten decken können, etwa aufgrund begrenzter Erneuerbaren-Potenziale. Die Studie schätzt, dass der Anteil der Produktion am Verbrauch von Wasserstoff und H2 -basierten Brennstoffen im Jahr 2050 bei etwa 50 % liegen wird. Das bedeutet, die EU muss bis zur Jahrhundertmitte rund 30 Millionen Tonnen dekarbonisierten Wasserstoff und entsprechende Derivate pro Jahr importieren. Die Etablierung von strategischen Beziehungen zu potenziellen Exporteuren in den Nachbarregionen der EU, wie Russland und den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraums, wird deshalb zentral für die Erhöhung des H2 -Anteils im europäischen Energiemix sein.

Die Studie gibt ebenfalls Kosteneinschätzungen für den Transport von Wasserstoff für mehrere europäische Länder und leitet Implikationen für den europäischen Stromsektor, die Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstoff und das Erreichen der Klimaneutralität in 2050 ab. Das rechtzeitige Errichten von Pipelines, Speicheranlagen und Terminals für den Seehandel wird von wesentlicher Bedeutung sein, um Wasserstoff aus den Produktionsgebieten in die Verbrauchszentren zu bringen. Internationale H2 -Pipelines werden die EU voraussichtlich mit Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten (über Griechenland), Russland, der Ukraine, Norwegen und dem Vereinigten Königreich verbinden.

Wirtschaftlichkeit und Finanzierung sind entscheidende Stellgrößen

Die Wirtschaftlichkeit und die Finanzierung der Infrastruktur werden mit Blick auf H2 -Importe eine Schlüsselrolle spielen, denn für das Einführen von dekarbonisiertem Wasserstoff in die EU sind umfangreiche Investitionen in die Produktions- und Transportinfrastruktur erforderlich. Den Gesamtinvestitionsbedarf der Partnerländer für den H2 -Export in die EU bis 2050 schätzt die Studie auf rund 760 Milliarden Euro - unter anderem für den Aufbau von H2 -Produktionsanlagen, Wind- und PVAnlagen, Pipelines, Hafenterminals und den Bau von Transportschiffen. Dieser hohe Betrag wird voraussichtlich internationale Partnerschaften zwischen Importund Exportstaaten erfordern, um die Investitionskosten und -risiken zu teilen.