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< Zwischen grünen Zielen und realer Krise
21.12.2022 12:45 Alter: 1 year

Entlastungspakete mildern Symptome, kurieren aber keine Ursachen

Der € 200 Milliarden (Mrd.) Doppelwumms ist nur scheinbar eindrucksvoll. Der wahre Doppelwumms ist drohender Wohlstandsverlust durch permanent hohe Gas- und Strompreise. Dr. Wolfgang Peters, Energieexperte und Managing Director von The Gas Value Chain Company benennt im Gespräch mit THEMEN!magazin Zusammenhänge der aktuellen Preisentwicklung.


Dr. Wolfgang Peters, Managing Director The Gas Value Chain Company Foto: The Gas Value Chain Company

„Die Handelspreise für Strom und Gas sind nicht nur hoch, sondern auch in nie dagewesener Weise volatil. Es herrscht das Trader Sentiment: Eine befürchtete Angebotsknappheit kann zu hohen Preisaufschlägen führen.“ Dr. Wolfgang Peters

Herr Dr. Peters, warum mildert das Entlastungspaket nur temporär Symptome?

Ursache für die hohen Strom- und Gaspreise ist Angebotsknappheit. Beim Gas u.a. durch Wegfall der russischen Lieferungen, beim Strom durch Atom- und Kohleausstieg. Das Symptom der hohen Preise ist strukturell, nicht temporär. Die 200 Mrd. Euro wären schnell verbraucht. Zur Einordnung: Am 11.10.2022 hätte der deutsche Gasbedarf 2023 (~1,1 Mrd. Megawattstunden, MWh) bei ~190 €/MWh am Terminmarkt 209 Mrd. Euro gekostet. Für jedwede Deckelung trägt der Staat die Marktpreis-Zuzahlungsdifferenz, eine Summe im hohen zweistelligen Milliardenbereich, die je nach Marktlage sogar noch steigen könnte. Für den Stromhandelsmarkt gilt das Gleiche. Man lebt das Prinzip Hoffnung: Eine vermeintlich nur temporäre Hochpreisphase wird mit schuldenträchtigen Entlastungen gemildert. Das Prinzip Hoffnung beim Gas ist das LNG-Beschleunigungsgesetz. Beim Strom ist es die Mär vom beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren.

Warum ist das Prinzip Hoffnung keine Lösung?

LNG Terminals schaffen zusätzliche physische Verfügbarkeiten, dämpfen aber nicht den Preis. Man übersieht: Bisher sorgte Pipelinelieferantenwettbewerb am europäischen Handelsmarkt für günstige Preise. LNG war zumeist lediglich Polizist für den maximal erzielbaren Pipelinegaspreis. Nur wenn das Preisniveau attraktiver war als in Asien, kam LNG in größeren Mengen nach Europa.

Nunmehr steht Europa im permanenten Preiswettbewerb mit Asien und Lateinamerika. In kalten Wintern zahlen Japan, China und Südkorea für Spot-Cargoes fast jeden Preis. So auch die reichen Deutschen: Sie zahlten Spitzenpreise für überschaubare Mengen zur Speicherbefüllung. Das Wort vom stupid German money gilt nun auch in der globalen Gaswirtschaft. Für arme Länder wie z. B. Pakistan ist LNG unbezahlbar geworden. Bei den Erneuerbaren, im wesentlichen Onshore-Wind, wird übersehen, dass dieser laut Bundesnetzagentur nur eine gesicherte Leistung von 1% hat. D.h. für jede zusätzliche Kapazität wird 99% Back-up benötigt: Gas.

Was schlagen Sie vor?

Ein Churchill vergleichbarer Politiker würde ohne Rücksicht auf den nächsten Wahltermin das für die Bewahrung unseres Wohlstandes Richtige umsetzen: Beseitigung der Angebotsknappheit durch Kriegsmangelwirtschaft mittels Mobilisierung heimischer Ressourcen: Verlängerung der AKW-Laufzeiten inkl. Wiederinbetriebnahme der jüngst vom Netz genommenen, Verstromung heimischer Braunkohle mit CCS (carboncapture-storage) und Förderung heimischer Gasreserven durch Fracking. Klimaschutz käme keineswegs aufs Abstellgleis. Wir müssten uns nur vom deutschen EnergiewendeBullerbü verabschieden: Ideologisches Grün um jeden Preis würde durch eine pragmatische CO2 -Reduktion ersetzt.

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