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energy data-X: Datenökosystem der Energiewirtschaft
Insgesamt bieten Datenökosysteme in der Energiewirtschaft die Möglichkeit, Prozesse effizienter, flexibler und nachhaltiger zu gestalten. Sie sind entscheidend für die Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Übergang zu erneuerbaren Energien und der Entwicklung zukunftsweisender Geschäftsmodelle
Die Relevanz von Datenökosystemen bei der Transformation des Energiesystems und welche Initiative die Energiebranche gestartet hat, um die mit dem Aufbau von Datenökosystemen verbundenen Chancen zu realisieren, stellt Axel Kießling, Head of Strategy & Partnerships | Digital & Flex Development TenneT TSO, in einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin vor.
Die Energiewirtschaft steht in den nächsten Dekaden vor massiven Herausforderungen. Hierzu zählen unter anderem die Verdopplung des Bruttostromverbrauchs bis zum Jahr 2045 – getrieben vor allem durch die Elektrifizierung der Sektoren Verkehr, Wärme und Industrie. Auch sind Systemintegration, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit nur in einem vollständig digitalisierten Energiesystem realisierbar. Neben dem zügigen weiteren Ausbau der Infrastrukturen zum Stromtransport und der -verteilung nimmt deshalb die Digitalisierung sowie die sichere und souveräne Verwendung der verfügbaren Daten eine zentrale Bedeutung ein. In der EU-Digitalstrategie sind Datenökosysteme als grundlegende Voraussetzung für die Umsetzung des European Green Deal sowie des europäischen Energiebinnenmarktes verankert.
Mehrwert durch Datenökosysteme
Datenökosysteme nach den Prinzipien von Gaia-X eröffnen der Energiewirtschaft die Chance, diesen Sektor und seine umfassenden Wechselwirkungen zu angrenzenden Sektoren nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen. Sie bieten innovative Lösungsansätze, da sie eine sichere und souveräne Nutzung dezentral verteilter Daten verschiedener Marktakteure über eine gemeinsame Schnittstelle interoperabel ermöglichen. Auf dieser Basis werden neue, innovative Anwendungen und Geschäftsmodelle entstehen. Einige wichtige Aspekte seien im Folgenden beispielhaft angeführt.
Integration erneuerbarer Energien:
Erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windenergie sind effizient in das Energienetz zu integrieren. Datenökosysteme ermöglichen eine bessere Steuerung und Anpassung der Energieerzeugung und -verteilung in Echtzeit, um volatile Angebote in das Energiesystem zu integrieren.
Innovative Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung:
Datenökosysteme ermöglichen die Verknüpfung verschiedener Sektoren wie Energie, Verkehr und Wärme. Dies schafft die Grundlage für innovative Geschäftsmodelle wie beispielsweise die temporäre Verschiebung des Strombezugs von Wärmepumpen in Engpasssituationen oder die Nutzung von überschüssigem erneuerbarem Strom über smarte Ladestrategien von Elektrofahrzeugen.
Netzstabilität und -zuverlässigkeit:
Die Echtzeitanalyse von Daten ermöglicht die frühzeitige Erkennung und Auflösung von Netzproblemen, was zu einer höheren Netzstabilität und -zuverlässigkeit führt.
Kostendämpfung:
Durch die Analyse von Daten aus einer großen Anzahl an Anlagen und Sensoren können Energieunternehmen den Zustand ihrer Anlagen besser überwachen und erforderliche Wartungsarbeiten antizipieren (Predictive Maintenance). Dies reduziert ungeplante Ausfallzeiten und senkt die Instandhaltungskosten.
Effizienzsteigerung:
Datenökosysteme ermöglichen es Energieunternehmen, Informationen über Stromerzeugung, -verteilung und -verbrauch in Echtzeit und wertschöpfungskettenübergreifend zu analysieren. Dies führt zu einer verbesserten Ressourcennutzung und Effizienzsteigerung bei der Stromproduktion.
Geschwindigkeit und Flexibilität:
Die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen und Sektoren befähigt Energieunternehmen und Startups, schneller auf Veränderungen im Energiemarkt zu reagieren und beispielsweise Wechselprozesse zeitsynchron zu realisieren. Auch für die Einbeziehung von KI-Anwendungen ist Verfügbarkeit von Daten aus interoperablen Quellen eine essentielle Grundlage
energy data-X: Vernetzung von Wertschöpfungsketten und Sektoren
Mit energy data-X, dem durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des 7. Energieforschungsprogrammes geförderten Forschungsprojekt zum Aufbau eines Datenökosystems in der Energiewirtschaft, wurde im Oktober 2023 ein mit 14 Partnern interdisziplinär aufgestelltes und auf drei Jahre angelegtes Projekt gestartet. Anhand von zwei relevanten Anwendungsfällen wird der Mehrwert eines Datenökosystems für die praktische Anwendung in der Energiewirtschaft sowie für die Sektorenkopplung aufgezeigt
1. Anwendungsfall „Bilanzkreistreue“:
Durch die Integration von Smart Meter Gateways (SMGW), die Daten von Erneuerbaren-Energien-Anlagen und Verbrauchern in das Datenökosystem übertragen, ermöglicht dieser Anwendungsfall eine Optimierung des Netzbetriebs. Abweichungen der geplanten und der tatsächlichen Einspeisungen und Entnahmen in einem Bilanzkreis werden annähernd in Echtzeit erkannt und ermöglichen dem Bilanzkreisverantwortlichen, erforderliche Ausgleichsmaßnahmen (Clearing) umgehend einzuleiten. Dies reduziert einen kostenintensiven Regelenergieeinsatz. Im derzeit bestehenden Clearing-Prozess ist eine Abweichung erst mehrere Wochen später den Marktakteuren zuzuordnen.
2. Anwendungsfall „Flexibilitätserschließung“:
Dieser Anwendungsfall ermöglicht den Ausgleich zwischen Anbietern und Nachfragern durch Erschließung dezentraler Flexibilitätsquellen. Da große konventionelle Kraftwerke zunehmend durch dezentrale ErneuerbareEnergien-Anlagen mit wetterabhängiger Stromerzeugung ersetzt werden, gewinnt die Erschließung flexibler Einspeiser und Verbraucher für einen sicheren Netzbetrieb an Bedeutung. Die Integration von kleinteiligen, dezentral verteilten Anlagen wie Ladestationen, Batteriespeichern von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen in das Datenökosystem erschließt deren Flexibilitätspotenzial zur Stabilisierung des Energiesystems.
Interdisziplinäre Partnerschaft
Konsortialpartner des energy data-X-Forschungsprojekts sind die Übertragungsnetzbetreiber TenneT (als Konsortialführer) und Amprion, aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik PPC und Spherity. Alle Aspekte der Standardisierung wird DKE (VDE) adressieren. Die Fraunhofer-Institute IEE und IOSB/AST bringen den aktuellen Stand der Wissenschaft in energy data-X ein.Als assoziierte Partner sind die Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und TransnetBW sowie die Verteilnetzbetreiber E.ON und EWE NETZ vertreten. Ergänzend wird die ARGE Netz die Bereitstellung von Anlagendaten für die Erprobung von Anwendungsfällen ermöglichen. Eviden Germany und Microsoft bringen ihre Kompetenzen im Bereich der IT-Architektur und Software-Entwicklung in das Projekt ein. Die International Data Spaces Association verantwortet die systematische Vernetzung mit weiteren internationalen Datenökosystemprojekten, dazu zählen insbesondere auch die BMWK-Leuchtturmprojekte Catena-X (Datenökosystem des Automobilsektors) sowie Manufacturing-X (Datenökosystem der Industrie). Ein Gaia-X-konformer Datenraum ist durch folgende, wesentliche Kernelemente charakterisiert:
- Dateneigentum und Datensouveränität
Grundlegendes Merkmal eines Gaia-X-Datenraums ist die Gewährleistung des Dateneigentums und der -souveränität für die beteiligten Organisationen. Die Eigentümer der Daten behalten das Eigentum und die volle Kontrolle über ihre Daten und können entscheiden, wer Zugriff auf diese Daten hat und wie sie genutzt werden (Berechtigungsmanagement). Dies ermöglicht auch die Realisierung zentral ablaufender Prozesse. Eine zentrale Speicherung der Daten ist keine Voraussetzung für den Datenaustausch und die Prozesse.
- Datenschutz und Datensicherheit
Datenschutz und Sicherheit sind zentrale Anliegen in Gaia-X. Datenräume müssen strenge Datenschutzstandards und Sicherheitsmaßnahmen einhalten, um die Integrität und die Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Gaia-X fördert dafür auch die Entwicklung von Standards und Zertifizierungen, um die Qualität und Sicherheit von Datenräumen sicherzustellen und das Vertrauen der Nutzer in die Plattform zu stärken.
- Interoperabilität
Gaia-X erzeugt die Interoperabilität zwischen verschiedenen Datenökosystemen, um den reibungslosen Datenaustausch zwischen verschiedenen Organisationen zu ermöglichen. Dies erleichtert die Zusammenarbeit über Unternehmens- und Sektorengrenzen hinweg.
- Datenkonnektivität und -austausch
Datenkonnektivität und einen sicheren Austausch von Daten zwischen verschiedenen Organisationen und Sektoren erreicht Gaia-X durch standardisierte APIs (Application Programming Interfaces) und Datenintegrationsdienste.
- Governance und Transparenz
Gaia-X betont die Bedeutung von Governance und Auditierbarkeit, damit die Nutzung von Datenräumen den geltenden Regulierungen und Vorschriften entspricht.
- Nutzerfreundlichkeit
Möglichst nutzerfreundliche sowie einfache Administration und Nutzung von Daten nach Gaia-X-Standards fördert die Akzeptanz sowie eine breite Nutzung des Datenökosystems.
Fazit
energy data-X eröffnet dem Energiesektor durch den Aufbau eines GaiaX-konformen Datenökosystems innovative Entwicklungsoptionen. Dieses Datenökosystem ermöglicht allen Marktakteuren die Entwicklung zukunftsweisender Geschäftsmodelle und Innovationen für die Realisierung der Sektorenkopplung und der Klimaschutzziele. Durch abgestimmte Governance, von den Dateneigentümern souverän zu erteilende Berechtigungen sowie Interoperabilität mit anderen Datenökosystemen wird ein neuer Standard im Datenaustausch geschaffen. Dieser umfasst nicht nur die komplette Wertschöpfungskette der Energiewirtschaft, sondern ermöglicht auch einen Datenaustausch mit angrenzenden sektoralen Datenökosystemen.
Haben Sie Interesse, mehr zu energy data-X zu erfahren, so wenden Sie sich gerne an
axel.kiessling@tennet.eu