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Einspeisen von Biogas ins Erdgasnetz - Herausforderung für Netzbetreiber
Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht bis 2020 als Ziel die Einspeisung von sechs Milliarden, für 2030 sogar zehn Milliarden Kubikmeter Biogas vor, festgeschrieben in der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV). Davon werden wir dieses Jahr nur gut 13 Prozent erreichen. Und die weitere Entwicklung lässt sich kaum einschätzen. Denn die Bundesregierung überarbeitet derzeit ihr bisheriges Konzept, noch sieht man die Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz als Beitrag zur Energiewende. Zur Verantwortung eines Gasnetzbetreibers ein Beitrag von Uwe Ringel, Geschäftsführer ONTRAS Gastransport GmbH, Leipzig.
Nach Schätzungen der dena - Deutsche Energieagentur und des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. könnten bis Ende 2014 rund 800 Millionen Kubikmeter Biogas ins Gasnetz gelangen, eingespeist von rund 160 Anlagen. Damit leistet Biogas bereits heute im Erdgasnetz einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. ONTRAS betreibt bereits seit Jahren die Biogaseinspeisung als Tagesgeschäft. 2009 kam mit Güstrow die erste und damals zugleich größte Biogasanlage ans Netz. Im Juni 2014 sind 16 Biogasanlagen ans ONTRAS-Netz angeschlossen, die jährlich bis zu 135 Millionen Kubikmeter aufbereitetes Biogas einspeisen. Eine Menge, mit der über 115.000 Haushalte länger als ein Jahr lang versorgt werden könnten. Mit dem Biogas zahlreicher Biogasanlagen an den nachgelagerten Netzen liefern die neuen Bundesländer damit rund die Hälfte des in Deutschland eingespeisten Biogases.
Biogaseinspeisung – die Anforderungen
Vor der Einspeisung von Biogas ins Gasnetz muss das Roh-Biogas so aufbereitet werden, das es dem gesetzlichen Mindeststandard entspricht. Für Netzbetreiber gilt ein anderer Mindeststandard, der u. a. die Gasqualität, Bedingungen der Gasmessung sowie deren Eichfähigkeit definiert. Dazu wird das aufbereitete Biogas vor dem Einspeisen ins Gasnetz durch Zugabe von Flüssiggas (LPG) konditioniert. Wesentliche Bestandteile einer Biogas einspeiseanlage (BGEA) sind Mess- und Regeleinrichtungen nach dem Eingang des aufbereiteten Biogases und vor dessen Ein speisung ins Gasnetz die Verdichter- und die Kon ditionierungsanlage. Gemessen werden jeweils Gasmenge und Gasqualität. Vor allem muss das aufbereitete Biogas trocken sein und darf die Grenzwerte für Schwefelwasserstoff, Stickstoff und Co 2 nicht überschreiten. Im Verdichter erfolgt die Druckerhöhung von dem aus der Biogasaufbereitung erzeugten Eingangsdruck bis zum benötigten Einspeisedruck ins Gasnetz. Dabei sind abhängig von der Druckdifferenz oft mehrere Stufen notwendig. Bei Bedarf gleicht eine Konditionierungsa nlage noch den Brennwert des angelieferten Bio gases mit LPG an den des Gasnetzes an. Charakteristisch für die BGEA bei ONTRAS ist, sie werden vollautomatisch und unbesetzt betrieben. Die ständige Überwachung erfolgt durch die Dispatchingzentrale in Leipzig sowie durch monatliche Kontrollen.
Rahmenbedingungen
Als Netzbetreiber muss ONTRAS den Einspeisebetrieb für mindestens 96 Prozent des Jahres gewährleisten. Mit zunehmender Projekt- und Betriebserfahrung ist damit die Planung und Realisierung von Biogas netzanschlüssen weiter entwickelt und schrittweise standardisiert worden. Um eine BGEA jederzeit in Betrieb nehmen zu können, hat ONTRAS eine mobile Inbetriebnahmeschiene entwickelt. Dadurch lassen sich Bauzeiten leichter einhalten. Zudem investierte der Fernleitungsnetzbetreiber in eine mobile Messschiene und eine mobile Verdichteranlage, so dass bei länger andauernden Wartungsarbeiten die Einspeiseanlage weiter laufen kann und die vorgeschriebene Verfügbarkeit sichergestellt bleibt.
Biogaseinspeiseanlage Leizen – doppelt Energie sparen
Die Planung und Errichtung der BGEA Leizen benötigte nach Abschluss des Netzanschluss- und Netznutzungsvertrags insgesamt 21 Monate, angefangen bei der Planung über das Einholen behördlicher Genehmigungen, Materialbestellungen und –lieferzeiten bis hin zu Bau und Testbetrieb. Die Anlage ging offiziell im Februar 2013 in Betrieb. Extrem variable Betriebsbedingungen wie unterschiedliche Drücke und Temperaturen sowie Gasmengen bestimmen, welche Verdichter zum Einsatz kommen. Diese sind keine Produkte von der Stange. Für Leizen optimierte Verdichter erreichen Betriebszyklen von mehr als einem vollen Kalenderjahr. Jeder Kolben legt dabei eine Entfernung zurück, die der dreimaligen Erdumrundung entspricht, bevor er gewartet werden muss. In Leizen wird LPG zum Konditionieren direkt nach der ersten Verdichterstufe injiziert. Es verdampft durch das beim Verdichten auf rund 105° C erwärmte Bio-Erdgas und kühlt es dabei ab. Das spart doppelt Energie: Das Flüssiggas braucht nicht wie sonst üblich vorgewärmt zu werden und liefert beim Verdampfen eine kostenlose Kühlung. Dadurch spart ONTRAS jährlich bis zu 40.000 kWh an technischer Wärme.
Besonderheiten bei Betrieb und Wartung von BGEA
Mit steigender Anzahl von BGEA steigt der Betreuungsaufwand. Externe Dienstleister übernehmen daher, wie z. B. die StreicherGruppe für Leizen, die Anlagenbetreuung im Auftrag für ONTRAS. Damit können sich die Instandhaltungskoordinatoren des Fern leitungsnetzbetreibers auf die Koordina tion und Überwachung der Einsätze konzentrieren. Die Sicherheit hat dabei einen hohen Stellenwert. So erhalten alle im Außendienst tätigen Fachkräfte ihren Aufgaben angemessene Schutzmittel. Um die 96 %ige Verfügbarkeit einer Anlage jederzeit nachweisen zu können, wird ONTRAS künftig alle in den BGEA auftretenden Störungen und deren Ursachen in einer Datenbank erfassen und auswerten. In einem ersten Pilotprojekt werden die Prozessdaten aus definierten ONTRAS BGEA gespeichert, für jede Anlage deren Verfügbarkeit ermittelt und der Nachweis darüber geführt. Die gespeicherten Prozess- und Messdaten können später in einem Trend-System analysiert werden. Zudem ermöglicht die Datenbank auch das zentrale Energiedatenmanagement für die Betriebsführung der BGEA. Nicht nur beim Projekt der BGEA Leizen ist eine optimale Projektgestaltung entscheidend. Speziell dafür entwickelte mobile Einheiten für Inbetriebnahme, Messung und Verdichtung helfen zudem, mögliche Verzögerungen zu vermeiden, Fristen zu verkürzen und etwaige Ausfallzeiten zu minimieren. Soll die Einspeisung von aufbereitetem Biogas ins Gasnetz die ursprünglichen energiepolitischen Vorgaben für 2020 bzw. 2030 auch nur annähernd erreichen, müssen die Rahmenbedingungen dringend verbessert werden. Wird die Bundesregierung jedoch ihr neues Energiekonzept in der bisher vorgestellten Form durchsetzen, könnte dies selbst Projekte stoppen, für die bereits erste Planungen laufen. Die Rolle von Biogas im Rahmen der Energiewende wäre damit nachhaltig gefährdet.
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