Nachricht

< Grün hat viele Farben.
20.01.2012 12:25 Alter: 12 yrs
Kategorie: Klimaschutz

Bioerdgas als Kraftstoff – Geschäftsmodell für Stadtwerke


Foto: erdgas mobil

Das energiewirtschaftliche Jahr 2011 ist geprägt von den Debatten um Laufzeitverlängerung, Atomausstieg und Energiewende. Die Rolle von Erdgas innerhalb dieser unterschiedlichen politischen Leitvorgaben des zukünftigen Energiemixes bleibt dabei jedoch weitgehend im Dunkeln. Dies gilt leider auch für das Potenzial von Erdgas und insbesondere Bioerdgas im Verwertungspfad Kraftstoff. Dies erstaunt umso mehr, als dass die Diversifizierung in der Energieversorgung und der Ausbau der erneuerbaren Energien allseits beliebte Schlagworte in aktuellen Diskussionen sind.

Um die wenigen, aber durchaus bestehenden Fördermechanismen beim Einsatz von Bioerdgas als Kraftstoff zu nutzen, bedarf es daher in erster Linie der Eigeninitiative der Erdgastankstellenbetreiber. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die gesetzlichen Fördermöglichkeiten geben und dazu anregen, die bestehenden Marktchancen (besser) zu nutzen. Denn der Einsatz von (Bio)-Erdgas hat neben der staatlichen Förderung auch klimatisch einige Vorteile: Erdgas hat im Vergleich zu z. B. Benzin einen um 24 Prozent reduzierten CO2-Ausstoß. Die Senkung der CO2-Emissionen steigt dabei signifikant, wenn dem Erdgaskraftstoff ein Anteil Bioerdgas beigemischt wird. Die Technik ist – anders als im Fall von Elektroautos – längst ausgereift, auch gibt es keinen qualitativen Unterschied, wenn dem Erdgaskraftstoff auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas beigemischt wurde. 

Rechtsanwältin Tanja Gey-Kern, Becker Büttner Held Berlin
Rechtsanwalt und Partner Christian Held (Fotos: BBH)

Steuerentlastung für Bioerdgas als Kraftstoff

Eine staatliche „Förderung“ erfährt die Bioerdgasmobilität im Wesentlichen über zwei Komponenten: Steuerentlastung und Biokraftstoffquote. Während für Erdgas als Kraftstoff eine Energiesteuer in Höhe von derzeit 13,90 €/MWh zu zahlen sind, kann für vertankten und versteuerten Bioerdgaskraftstoff jedenfalls bis 2015 eine Entlastung beantragt werden. Steuerpflichtig und damit auch entlastungsberechtigt ist dabei in der Regel der einzelne Erdgastankstellenbetreiber.

„Verkauf“ von Bioerdgasquoten

Der steuerpflichtige Erdgastankstellenbetreiber kann aber statt der Entlastung von der Steuer auch eine alternative Förderung über die so genannte Biokraftstoffquote wählen.

Hintergrund dieses Mechanismus ist die Pflicht von Mineralölunternehmen in Bezug auf den in einem Kalenderjahr in Verkehr gebrachten Kraftstoff für einen bestimmten Anteil an Biokraftstoffen zu sorgen. Das geht zum einen, indem z. B. Biodiesel oder das inzwischen berüchtigte E10 aber auch Bioerdgas an der Erdgastankstelle vom Mineralölunternehmen selbst angeboten werden. Das geht aber gleichfalls, indem das Mineralölunternehmen von anderen Parteien, die Biokraftstoffe in Verkehr gebracht haben, die entsprechenden „Quoten“ aufkauft. Im Fall der Erdgastankstelle, die Bioerdgas beimischt, besteht die Besonderheit, dass keine gesetzliche Biokraftstoffquote zu erfüllen ist. Denn die Biokraftstoffquotenpflicht trifft nur die Mineralölunternehmen, die Otto- oder Dieselkraftstoff in Verkehr bringen. Folglich sind die an Erdgastankstellen vertankten Bioerdgasquoten „frei“ und können an ein Mineralölunternehmen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung verkauft werden. Das Gesetz spricht in dieser Konstellation von der Übertragung von Biokraftstoffquotenverpflichtungen auf einen Dritten, d.h. dem Ergastankstellenbetreiber. Die Übernahme dieser Pflicht lässt sich der Dritte entsprechend bezahlen.

Auch wenn es sich um eine zugegebener Maßen nicht ganz leicht verständliche gesetzliche Regelung handelt und diese zudem noch recht neu ist, ist bereits festzustellen, dass durch den Verkauf der Quoten Erlöse erzielt werden, die die Steuerentlastung in Höhe von 1,39ct/kWh übersteigen.
Den Mineralölkonzernen drohen Strafzahlungen zwischen 6,8 und 15,5 ct/kWh im Fall der Nichteinhaltung der Quotenverpflichtungen. Gerade vor dem Hintergrund des geringen E10-Absatzes und der in diesem Jahr gestiegenen Nachhaltigkeitsanforderungen an Biokraftstoffe dürfte die Nachfrage nach Bioerdgasquoten entsprechend steigen. Außerdem sieht eine neue Regelung vor, dass Bioerdgas, das aus Abfällen und Reststoffen gewonnen wurde auf die Quotenerfüllung doppelt angerechnet wird. Damit gewinnt die Bioerdgasquote zusätzlich an Attraktivität und die umfassende Verwertung von Abfallstoffen wird gefördert.

Anforderungen an das eingesetzte Bioerdgas

Um die Steuerentlastung beanspruchen zu können aber auch damit die Bioerdgasquote tatsächlich als solche anerkannt wird, muss das Bioerdgas verschiedenen gesetzlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das Bioerdgas aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung erzeugt wurde. Auch müssen die Nachhaltigkeitskriterien der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung eingehalten sein. Ebenfalls wichtig ist die Einhaltung der in der DIN 51624 vorgegebenen Parameter bei Abgabe an der Tankstelle. Die Einhaltung aller Vorgaben sowie Informationen zum Bezug und Absatz müssen zudem nachvollziehbar dokumentiert sein.

Zeitlicher Ablauf

In aller Regel melden Erdgastankstellen die Energiesteuer jährlich bis spätestens 31.05. für das vorangegangene Kalenderjahr an. Der Antrag auf Entlastung von der Steuer, d.h. auf Rückerstattung der 1,39 ct/kWh hat hingegen bis zum 31.12. für das vorangegangene Kalenderjahr Zeit. Fällt die Entscheidung auf den Verkauf der Biokraftstoffquote, so ist der 15.04. der maßgebliche Stichtag für das vorangegangene Kalenderjahr. Bis zu diesem Tag müssen die Mineralölunternehmen die Erfüllung ihrer gesetzlichen Quotenverpflichtungen vollständig unter Vorlage aller Nachweise gemeldet haben.
Die gute Nachricht: konnten die Quoten nicht rechtzeitig an ein Mineralölunternehmen verkauft werden, bleibt noch immer Zeit, die Steuerentlastung zu beantragen. Andersrum geht es jedoch nicht: eine verkaufte Quote ist für die Steuerentlastung gesperrt, es sei denn, der Erstattungsbetrag wird rechtzeitig zurückgezahlt.

Fazit

Anders als in anderen auch europäischen Ländern hat der deutsche Gesetzgeber eine sehr limitierte Form der Förderung von Erdgasmobilität gewählt. Weder Anreize für Automobilhersteller noch für Verbraucher, die sich für ein Erdgasfahrzeug entscheiden (Vorrangspuren oder ermäßigtes Parken), sind vorgesehen noch angedacht. Einen so gefestigten und etablierten Markt wie den deutschen Automobilmarkt nahezu unter Abwesenheit ordnungspolitischer Fördermechanismen aufzubrechen stellt eine sehr große Herausforderung dar. Um diese zu stemmen ist es erforderlich, dass sich die Marktteilnehmer aus der Gaswirtschaft, die Verbraucher und Automobilhersteller auf deutscher und europäischer Ebene vernetzen und Foren schaffen, die einen Know-how-Austausch und eine Kontaktvermittlung gewährleisten sowie auch den Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern sicherstellen. Bereits der Vergleich mit der derzeit im Höhenflug befindlichen Elektromobilität zeigt: vieles lässt sich bewegen, wenn darüber gesprochen wird.

www.bbh-online.de