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< Über allem steht die Versorgungssicherheit
17.10.2019 10:22 Alter: 5 yrs
Kategorie: Digitalisierung

Alle Zeichen stehen auf Digitalisierung

Alliander AG ist ein Innovationsführer auf dem Gebiet der digitalen Infrastruktur und bietet maßgeschneiderte Produkte und Lösungen zur Umsetzung neuer lokaler Energiekonzepte: von der 450 MHz-Funknetzplattform, Peer to Peer Anwendungen bis hin zu intelligentem Lastenmanagement und ganzheitlichen Smart-City Lösungen.


KommuFrank Zeeb, Foto: Alliander AG

Eine intelligente und dezentrale Energieinfrastruktur und das nötige Informationsmanagement sind heute die Voraussetzungen für die weitere Umsetzung der Energiewende, unterstreicht Frank Zeeb, CEO der Alliander AG im Interview mit THEMEN|:magazin.

Herr Zeeb, Alliander bietet heute zahlreiche Infrastruktur-Dienstleistungen an und begleitet Energieversorgungsunternehmen. Wie kam diese Entwicklung zustande?

Zentral verändert hat sich die Art und Weise, wie Alliander die Rolle von Innovationen in der Energiewirtschaft bewertet. Zum Zeitpunkt meines Eintritts bei Alliander in 2014 war ich bereits über 25 Jahre in sämtlichen Wertschöpfungsstufen der deutschen Energiewirtschaft verantwortlich tätig und war zudem einige Jahre im Top-Management von IBM, einem der weltweit größten Technologiekonzerne. Sicherlich war meine Perspektive einer der ausschlaggebenden Faktoren, die die Neuausrichtung von Alliander in den Punkten Kundenzentrierung und Leadership herbeigeführt haben. Vorhandene, bereits erfolgreich in den Niederlanden erprobte Lösungen aus dem Alliander-Portfolio haben wir in diesem Zug weiterentwickelt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Auch andere Energiedienstleister können sich durch die Expertise, die in unseren Lösungen steckt, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen und sich in ein zukunftsfähiges Ökosystem einbringen.

Bis vor einigen Jahren war Alliander in Deutschland ja vor allem als Netzbetreiber bekannt, der sich verstärkt um Konzessionen beworben hat.

Als Netzbetreiber sind wir auch weiterhin in Deutschland tätig, konzentrieren uns aber in diesem Bereich auf die Gebiete Heinsberg und Waldfeucht, für die wir bereits Strom- und Gaskonzessionen halten. Diese beiden nordrhein- westfälischen Gemeinden sind gleichzeitig die zentralen Anschauungsobjekte, an denen die Umsetzung echter digital transformierter Lösungen sicht- und erlebbar wird.
Unsere Kunden sehen uns als vertrauensvollen und professionellen Lösungspartner, der neueste Innovationen auf kommunaler Ebene bedarfsgenau realisiert. Das passt nicht mehr zum klassischen Konzessionswettbewerb, der im Geschäftsmodell vor meiner Zeit als CEO zentraler Bestandteil war. Dank der enormen Innovations- und Finanzkraft der Alliander Gruppe haben wir auch schnelle Antworten auf diesen Umschwung gefunden und die Zukunftsfähigkeit der Alliander AG in Deutschland durch die wirtschaftliche Attraktivität unserer Lösungen innerhalb des eigenen Systemhauses gesichert.

Gibt es neben dem Engagement in Heinsberg konkrete Referenzprojekte mit deutschen Stadtwerken, die die Kernkompetenzen von Alliander zusammenfassen?

Die Lösungen aus unserem Systemhaus gepaart mit unseren Kompetenzen als verantwortlicher Strom- und Gasnetzbetreiber sind u.a darauf ausgerichtet, Energie zum ressourcenschonenden Optimum anzubieten. Die Möglichkeit, Energieerzeuger, -verbraucher und -einheiten in ein System ausfallsicher und krisenfest integrieren und verbinden zu können ist die Voraussetzung für ein gelingendes dezentrales Stromnetz.

In diesem Bereich kann Alliander das notwendige Know-how aus der jahrelangen Erfahrung mit 450 MHz-Frequenzen in den Niederlanden vorweisen. Dort spielt die Technologie im laufenden Smart-Meter- Rollout bereits eine wesentliche Rolle. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, mit unserer Kompetenz eine deutschlandweite, offene Plattform für unsere Energiebranche aufzubauen. Bestes Beispiel dafür ist unser Team in Köln, das mit 450connect eine krisensichere und wirtschaftliche Kommunikationsmöglichkeit für das Stromnetz der Zukunft geschaffen hat.

Wie müssen Stadtwerke heute vorsorgen, um am heterogenen Strommarkt dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben?

Klassische Energieversorger sind da vor immense Herausforderungen gestellt. Das beginnt schon beim bevorstehenden Paradigmenwechsel der Organisationen. Bisher war das Verständnis von organisierter Arbeit vor allem geprägt durch Hierarchien, zeitlich und räumliche fixierten Kooperationen, die Steuerung über finanzielle Kennzahlen und die Organisation als quasi ‚heilige‘ Einheit. Im Zeitalter der Digitalisierung wird die Orientierung an diesen Prinzipien aber aufgebrochen. Volatilität, Komplexität und auch immer mehr Unsicherheiten bestimmen die heutige und zukünftige digitale Arbeitswelt. Da sind starre Hierarchien, Herrschaftswissen und allzu strenge Befehls- und Kontrollvorschriften hinderlich für den Erfolg.

Bei aller Digitalisierung dürfen wir aber das große Ganze nicht aus dem Blick verlieren. Denn die neue Welt fordert andere Kompetenzen und Denkmuster von uns. Die neuen Geschäftsmodelle liegen im Bereich der Infrastruktur - sogenannte Plattformen. Sie basieren auf Technologien, die kommunizieren, integrieren und in Echtzeit eigenständig Prozesse steuern.

Welche Chancen bieten digitale Plattformen konkret bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit?

Mittlerweile lautet die Frage nicht mehr, ob sich digitale Plattformen in der Energiebranche durchsetzen, sondern wer und wie schnell die entscheidenden Lösungen präsentieren kann. Längst sprechen die Kosteneffizienz und die Schnelligkeit von Plattformen eine deutliche Sprache. Wir als Alliander haben z. B. eine neue regionale und digitale Energievermarktungsplattform für Stadtwerke entwickelt, die einfach und modular in existierende Infrastrukturen integriert werden kann.

Die Plattform vereinfacht Stadtwerken heute schon die Etablierung neuer Geschäftsmodelle, die Anbindung regionaler erneuerbarer Energieproduzenten, die Gewinnung von Neukunden und die Vermarktung digitaler Stromprodukte.

Das rege Interesse an unserer Lösung beweist, Energieversorger haben erkannt, dass regionale, individuelle und digitale Stromangebote die Schlüssel zum Erfolg sind.

Unsere Plattform koordiniert einerseits die Nachfrage und das Angebot von Energieprodukten, andererseits fokussiert es auf Nachhaltigkeit und Regionalität.

Welche Rolle spielt also eine eigene Digitalisierungsstrategie?

Es wird überlebenswichtig sein, als Energiedienstleister einen entsprechenden Plan zu entwerfen. Viele Stadtwerke sind gerade dabei, ihre bisherige Ausrichtung um 180 Grad zu drehen und ihre Denkmuster grundlegend zu verändern. Dieser Prozess ist deshalb so anspruchsvoll, weil Digitalisierung alle internen Abläufe und unternehmerischen Dienstleistungen sowie das Mindset betrifft. Die Restrukturierung vom Analogen ins Digitale dringt bis in die tiefsten Schichten vor und bedarf moderner Führungskräfte.

Unternehmen brauchen einen individuellen Kompass, wenn sie digitale Plattformen in die Produktpalette aufnehmen und der kommunale Bezug erhalten bleiben soll. Aber die gute Nachricht ist: Laut BDEW haben 80 % der EVUs eine Digtialisierungsstrategie, es fehlt ihnen aktuell nur an den Lösungen. Digitalisierungs- Spezialisten wie wir als Alliander sind in der Lage, gemeinsam mit den Stadtwerken entscheidende Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, um Innovationen in den betrieblichen Alltag zu integrieren, während die unternehmerische Identität der Energieversorger gleichzeitig erhalten bleibt.

Wie können deutsche Smart-City- Vorhaben von Erfahrungen aus den Niederlanden lernen?

Dank der engen Zusammenarbeit mit meinen niederländischen Kollegen kennen wir die Herausforderungen und Erfolge, die den Weg der Transformation von Amsterdam zur Smart City begleitet haben. Dort war zum einen entscheidend, dass es einen politischen und gesellschaftlichen Willen gab, das Projekt umzusetzen und smarte Ideen und Initiativen zu vernetzen. Zum anderen mussten alle relevanten Akteure am gleichen Strang ziehen, so dass ein transparenter Austausch zwischen der Stadt, den Unternehmen, der Wissenschaft und den Bürgern und Bürgerinnen auf den geschaffenen technischen Plattformen stattfinden konnte. Alle nachfolgenden Schritte wie die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten, dem Überwinden bürokratischer Hürden und der Dokumentation der Pilotprojekte waren dann einfacher zu bewältigen. Heute sind im Stadtbezirk Nieuw-West bereits 10.000 Haushalte in einem Smart Grid zusammengeschlossen, wodurch Stromausfälle viel schneller behoben werden können und eine effiziente Energieverwendung stattfindet. Das alles liegt auch in greifbarer Nähe für deutsche Städte, sei es Berlin, Hamburg oder München.