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11.09.2017 15:59 Alter: 7 yrs

WEMAG-Batteriespeicher testet erfolgreich Schwarzstart

Eine der großen Herausforderungen der Energiewende ist die Entwicklung von Energiespeichern, auf die bei fehlendem Wind oder sonnenarmen Tagen zurückgegriffen werden kann. Die Schweriner WEMAG AG ist ein bundesweit aktiver Öko-Energieversorger und investiert seit Jahren aktiv in die Forschung und Entwicklung. Mit Erfolg. Nach nur 9 Monaten Bauzeit wurde jetzt das Batteriespeicherkraftwerk „Schwerin2“ in Betrieb genommen.


Anlass für ein Gespräch mit Caspar Baumgart, Vorstand der WEMAG AG.

Foto: WEMAG/Stephan Rudolph-Kramer

Herr Baumgart, die WEMAG AG entwickelt sich vom Speicher-Betreiber zum Speicher-Errichter. Welche Philosophie steht dahinter?

Gerade im Hinblick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien und die künftige Abschaltung alter Kraftwerke ist es notwendig, in Technologien zu investieren, die nicht nur den Strombedarf decken, sondern auch die Versorgungsqualität und Netzstabilität sicherstellen. Wir sehen unseren Schweriner Batteriespeicher als einen Vorreiter dieser Entwicklung und wollen damit zeigen, dass neue Technologien in Zukunft einen Teil der Systemdienstleistungen übernehmen können. Letztlich geht es um die Bereitstellung notwendiger Systemdienstleistungen. Durch den Wegfall rotierender Massen in den dampfgetriebenen Stromgeneratoren im Rahmen der Energiewende, müssen neue Technologien Systemdienstleistungen wie Frequenz- und Spannungsstabilität übernehmen. Ein Batteriespeicherkraftwerk kann dann aktuell zur Frequenzstabilisierung in der Primärregelleistungsvermarktung eingesetzt werden. Wir glauben, dass schnelle und autonome Speicher künftig einen wichtigen Beitrag zum stabilen Betrieb der Stromnetze leisten.

Im September 2014 nahm die WEMAG den ersten kommerziellen Batteriespeicher in Betrieb. Welches Fazit ziehen Sie?

Nach zwei Jahren Betriebszeit fällt unsere Bilanz für den Batteriespeicher wirtschaftlich und technisch durchweg positiv aus. Der Schweriner Batteriespeicher hat als erste kommerzielle Großanlage den Nachweis des wirtschaftlichen Betriebs erbracht und hat schon einige Nachahmer in Deutschland gefunden. Künftig wird der WEMAG-Speicher auch in weiteren Anwendungsfeldern eingesetzt, aktuell laufen Forschungsvorhaben zu Schwarzstart und Netzwiederaufbau. Auch für Sekundärregelleistung und Blindleistungsbereitstellung eignet sich die Anlage. Mehr als 1.500 internationale Fachbesucher informierten sich vor Ort über den Batteriespeicher und mit dem Bau der Erweiterung und der Integration neuester Lithium- Batterietechnologien bleibt die Anlage für Besucher aus aller Welt interessant.

Im Juli ging nun „Schwerin2“ ans Netz, mit welchem Ziel?

Nach den positiven Ergebnissen mit unserem ersten Batteriespeicher haben wir uns bereits 2016 für eine Erweiterung entschieden, die in einer Bauzeit von nur 9 Monaten realisiert wurde. Hierbei stand eine Investition von 5 Millionen Euro zu Buche. Ziel des Projekts ist es, die verfügbare Leistung für Systemdienstleistungen zu erhöhen. Mit der Inbetriebnahme von Schwerin2 hat sich die nutzbare Speicherkapazität des Batteriespeicherkraftwerks auf 15 Megawattstunden verdreifacht. Die präqualifizierte Leistung von insgesamt 10 MW wird über einen technischen Verbund aus 53.444 Lithium- Ionen-Akkus erreicht. Hinzu kommen noch 215 Batterieschränke, 18 Wechselrichter, neun Transformatoren und eine Mittelspannungsschaltanlage. Allein dieses Volumen zeigt, welche Entwicklung auch weiterhin bei Speichern notwendig ist, um die Dimensionierung meistern zu können.

WEMAG arbeitet auch an der Systemdienstleistung „Versorgungswiederaufbau“, wie ist hier der aktuelle Stand?

Die Systemdienstleistung „Versorgungswiederaufbau“ wird ja nicht nur von Netzbetreibern, sondern auch von der Industrie benötigt, um einen langandauernden kostenintensiven Produktionsausfall zu vermeiden. Im Falle einer Großstörung bis hin zum vollständigen Ausfall des Übertragungsnetzes müssen die Betreiber von Erzeugungseinheiten und Stromnetzen zusammen die Wiederherstellung der Stromversorgung in den von ihnen betriebenen Netzen koordinieren. Bei einem mehrtägigen Blackout wären in Mecklenburg-Vorpommern erhebliche Schäden an der gesamten Infrastruktur und Probleme bei der Grundversorgung der Bevölkerung zu erwarten. Unser Ziel ist, mit den Projektpartnern ein innovatives Schwarzstartkonzept zur Marktreife zu bringen. Im August hat jetzt der WEMAGBatteriespeicher erfolgreich den Schwarzstart nach Blackout getestet. Damit gelang es, in einem bislang einzigartigen Versuch in der Landeshauptstadt Schwerin den Wiederaufbau des abgeschalteten Stromnetzes mit Unterstützung durch ein Batteriekraftwerk in Kombination mit einer Gasturbinen-Anlage in Schwerin-Süd erfolgreich zu testen.

Wie verlief der Versuch?

Zunächst wurde eine Netzinsel zwischen der Gasturbinen-Anlage der Stadtwerke Schwerin, drei Umspannwerken der WEMAG Netz GmbH und dem vom Berliner Speicherpionier Younicos entwickelten schwarzstartfähigen WEMAG-Batteriekraftwerk in Schwerin- Lankow geschaffen. Während des mehrstündigen Versuchs waren keine Verbraucher mit diesem abgeschlossenen Stromnetz verbunden. Diese wurden über andere Leitungen versorgt. Nach dem Aufbau der Netzinsel wurde mit Hilfe des Batteriespeichers die abgeschaltete Gasturbinen-Anlage erfolgreich wieder in Betrieb genommen. Damit konnte der WEMAG-Batteriespeicher beweisen, dass er für den Wiederaufbau des Stromnetzes nach Großstörungen oder einem Blackout sorgen kann. Bislang wird hierfür rein konventionelle Kraftwerkstechnik verwendet. Für uns hat der Test eindrucksvoll die zentrale Bedeutung von netzbildenden Batteriekraftwerken für das Energiesystem gezeigt.

Welchen Blick in die Zukunft wagen Sie?

System- und Versorgungssicherheit in unserem Land haben oberste Priorität. Der großflächige Totalausfall des Stromnetzes ist deshalb sehr unwahrscheinlich - für den Fall der Fälle wollen wir im Land aber gewappnet sein. Deshalb sehen wir in dem Batteriespeicher eine Chance, im schlimmsten Fall das Stromnetz Stück für Stück wieder hochzufahren. Das Risiko der Schäden durch Blackouts kann durch die innovativen Schwarzstart- und Netzwiederaufbaumethoden deutlich verringert werden. Der WEMAG-Batteriespeicher leistet durch seine Schwarzstartfähigkeit hierzu einen erheblichen Beitrag. Weitere Tests mit verschiedenen Konfigurationen und unter Einbeziehung der Erneuerbaren Energien können nun folgen.

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