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15.11.2016 12:10 Alter: 7 yrs

Virtueller Großspeicher als intelligenter und dezentraler Lösungsansatz

Mit dem Bayerischen Energiepreis zeichnet das Bayerische Wirtschaftsministerium herausragende innovative Leistungen für eine effiziente Energiegewinnung und -nutzung aus. Zu den Preisträgern des Jahres 2016 in der Kategorie „Energieverteilung und -speicherung“ gehören die N-ERGIE Aktiengesellschaft, Nürnberg und die Caterva GmbH, Pullach.


Das ausgezeichnete Projekt „SWARM – der weltweit erste Schwarm von Haushaltspeichern, der Regelleistung liefert“ wurde von den beiden Partnern gemeinsam entwickelt. Wir sprachen mit Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der N-ERGIE Aktiengesellschaft über dieses Projekt.
Foto: Claus Felix, Grafik: Caterva

Herr Hasler, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung mit dem Bayerischen Energiepreis 2016. Was verbinden Sie für die N-ERGIE mit dem Preis?

Zunächst einmal freue ich mich sehr über den Bayerischen Energiepreis, nicht zuletzt, weil die Konkurrenz mit 276 eingereichten Bewerbungen sehr groß war und die Jury, die sich aus sieben Professoren zusammensetzte, nur neun Projekte prämierte.

Für mich persönlich ist die Auszeichnung ein Ergebnis unseres Engagements für innovative Formen der effizienten Energienutzung. Sie zeigt mir außerdem, dass wir mit der Stoßrichtung des Projekts richtig lagen: die intelligente Nutzung kleiner PV-Stromspeicher, die im Verbund zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. Diese Aufgabe wird mit dem wachsenden Anteil erneuerbarer Energie am Strom-Mix immer wichtiger.

Worin liegen die Besonderheiten des SWARM-Projekts?

Unser Projektpartner Caterva GmbH entwickelte einen Solarstromspeicher für Einfamilienhäuser mit einer jeweiligen Leistung von bis zu 20 kW und einer Speicherkapazität von 21 kWh.

Im Rahmen des Pilotprojekts SWARM haben wir 65 dieser Solarstromspeicher, die „Caterva-Sonnen“, im Netzgebiet der N-ERGIE installiert. Damit können Haushalte ihren selbst erzeugten Sonnenstrom zeitunabhängig nutzen. Die Innovation des Projekts liegt nun im Zusammenschluss dieser vielen kleinen Kapazitäten zu einem virtuellen Großspeicher mit mehr als einem Megawatt Leistung. Je nach Bedarf wird Überschussstrom aus dem Netz aufgenommen oder Strom ins Netz eingespeist.

Im Sommer 2015 konnte sich SWARM als weltweit erster Verbund privat genutzter Solarstromspeicher für die Erbringung von Primärregelleistung präqualifizieren.

Primärregelleistung ist die anspruchsvollste Art der Netzstabilisierung, denn sie muss extrem schnell – innerhalb von spätestens 30 Sekunden – bereitstehen. Da virtuelle Batterie-Großspeicher so rasch wie kaum ein anderes Energiesystem Strom einspeisen oder umgekehrt im Ladebetrieb überschüssigen Strom aus dem Netz beziehen können, haben sie das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zu einer dezentralen und erfolgreichen Energiewende zu leisten.

Warum hat sich N-ERGIE im Projekt SWARM engagiert?

Wir verstehen die Energieversorgung der Zukunft als dezentral und zellular: Energie sollte im Idealfall dort produziert und zwischengespeichert werden, wo sie auch verbraucht wird. Gerade auf regionaler und kommunaler Ebene existieren vielfältige Möglichkeiten, um den CO2-Ausstoß zu senken und dennoch eine sichere und bezahlbare Energieversorgung aufrechtzuerhalten.

So kommt eine Studie, die wir erst im Oktober dieses Jahres gemeinsam mit der Universität Erlangen und dem Prognos-Institut vorgestellt haben, zu dem Ergebnis, dass die konsequente Verfolgung eines dezentralen Ansatzes unter optimalen Rahmenbedingungen nicht nur den Ausbau der Übertragungsnetze teilweise überflüssig machen würde, sondern sogar mit einem hohen gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrtsgewinn von 1,7 Mrd. Euro pro Jahr verbunden sein könnte. In einem solchen Szenario spielt die Speicherung der Energie eine immer bedeutendere Rolle. Dies war einer der Gründe für unser Engagement im Projekt SWARM.

Ein weiterer Grund lag in unserem netzstrategischen Interesse. Schließlich speisen in unser 27.000 Kilometer langes Stromnetz derzeit rund 47.000 dezentrale Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von rund 2.000 Megawatt ein.

Diese Entwicklung stellt die Netzbetreiber vor große Herausforderungen, und zwar nicht nur im Hinblick auf den dafür erforderlichen Netzausbau, sondern auch in Bezug auf die Netzstabilität. In diesem Zusammenhang stellt sich beispielsweise die Frage nach den Auswirkungen der dezentral verteilten Kleinspeicher mit übergeordneter Intelligenz auf das Verteilnetz, insbesondere die gegenseitigen Einflüsse von übergeordneter Frequenzsteuerung im Übertragungsnetz und lokaler Spannungshaltung im Verteilnetz.

Um Antworten auf diese und weitere Fragestellungen zu finden, haben wir mehrere Lehrstühle der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen mit der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts SWARM beauftragt. Die Studienergebnisse erwarten wir im kommenden Jahr. Aus den genannten Gründen haben wir uns gern und mit hohem Aufwand für dieses spannende Projekt engagiert.
Das Gespräch führte Dr. Heidi Willer,
www.n-ergie.de