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< Versorgungssicherheit auch ohne HGÜ-Trassen
03.03.2017 14:38 Alter: 7 yrs

Paradox: Energiewende ohne Erdgas

Neben Erfolgsmeldungen vom Klimagipfel in Marrakesch gab es auch zahlreiche Meldungen über neue Rekorde beim Ausbau von Wind und Solar. Im gleichen Atemzug baut die Politik ein Meinungsbild gegen die Rolle des Energieträgers Gas im Energiemix der Zukunft auf, so wie Staatssekretär Baake kürzlich am Vorabend der E-World 2017 in Essen. Für ihn gehört Erdgas als fossiler Energieträger nicht mehr in das Energieversorgungssystem.   Oliver Hill, Generalbevollmächtigter Handel und Direktor Gasverkauf Deutschland bei VNG – Verbundnetz Gas AG in Leipzig unterstreicht in seinem Gastbeitrag, dass eine klimaeffiziente Energiewende die Potenziale von Erdgas nicht ausklammern kann.


Foto: Eric Kemnitz

unabhänDas Bundeskabinett hat am 18. Mai 2016 eine Anreizprämie zum Kauf von Elektroautos und Hybridfahrzeugen beschlossen und will so die Energiewende „auf die Straße bringen“. Schauen wir uns aber an, wie in Deutschland Strom produziert wird, stellen wir fest, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien zwar steigt, der Kohleanteil jedoch unverändert hoch ist. Was ist das für eine „Energiewende“, wenn der Strom für saubere Autos noch immer zum großen Teil aus Kohle gewonnen wird? Warum ist das so? Und was bedeutet das für einen Erdgasimporteur und -versorger wie VNG?

Der Reihe nach: Seit die USA von Erdgasimporten weitestgehend unabhängig sind, hat sich nicht nur der weltweite Erdgas- und LNG-Markt drastisch verändert. Amerikanisches Erdgas verdrängt dort zunehmend die Kohle, was auf dem europäischen Markt die Kohlepreise drückt. In Verbindung mit den sehr niedrigen Preisen für CO2-Zertifikate ist nun hierzulande die Stromerzeugung in Kohlekraftwerken deutlich günstiger als die Erzeugung auf Erdgasbasis.

Unter diesen Umständen können selbst die modernsten und effizientesten Gaskraftwerke mit Wirkungsgraden von 60 % nicht mehr mit Braunkohlekraftwerken mit elektrischen Wirkungsgraden von gerade einmal 30 % konkurrieren. Das führte auch dazu, dass 2015 die spezifischen CO2-Emissionen in Deutschland erstmalig wieder höher waren als im Vorjahr und sogar über denen der USA lagen.

Erdgas gehört zum Energiemix

Wir als Erdgasimporteur und -versorger nennen das „Energiewende paradox“. Denn Erdgas kann die Schwankungen bei der Erzeugung mit Wind und Sonne am besten ausgleichen und ist effizienter und sauberer als alle anderen fossilen Energieträger. Großbritannien und Frankreich haben einen Mindestpreis für CO2 eingeführt, in Großbritannien wird sogar eine Zusatzsteuer für Kohlekraftwerke erhoben und Erdgas damit eine größere Rolle im Energiemix eingeräumt. Erdgas bietet die besten Voraussetzungen für das Erreichen der Klimaschutzziele. Besonders in Deutschland könnte Erdgas Seite an Seite mit den Erneuerbaren die Stromproduktion anführen, die CO2-Emissionen reduzieren helfen und beim Ausgleich von Schwankungen in der Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien einen wichtigen Beitrag leisten.

Auch um die Versorgungssicherheit muss sich niemand sorgen. Es ist noch genügend Erdgas für viele Jahrzehnte vorhanden. Deutschland verfügt über die größten Speicherkapazitäten in der EU, ist über das europäische Pipelinenetz mit den bedeutenden Lieferländern für Erdgas (Norwegen, Niederlande und Russland) bestens verbunden und hat auch Zugang zu bestehenden und zukünftigen LNG-Terminals.

Langfristige und diversifizierte Lieferverträge für Pipelinegas bilden das Rückgrat der Versorgungssicherheit Deutschlands. Sie garantieren eine Versorgung mit Erdgas, unabhängig von globalen Marktpreisschwankungen. Damit das so bleibt, bedarf es allerdings politischer Rückendeckung. Die Branche braucht Investitionssicherheit und eine hohe Investitionskraft, denn die Förderung und der Import von Erdgas sind nach wie vor aufwendig und von Langfristigkeit geprägt.


Das Fernleitungsnetz der ONTRAS Gastransport GmbH, einem Unternehmen der VNG-Gruppe
Grafiken: VNG

Erdgas - Brücke in eine dekarbonisierte Zukunft

Als Unternehmensgruppe, die in der gesamten Wertschöpfungskette der deutschen und europäischen Erdgaswirtschaft aktiv ist, konzentrieren wir uns auf die Geschäftsbereiche Exploration & Produktion, Handel und Dienstleistung, Transport und Speicherung. Wir setzen auf Diversifizierung und langfristig gute Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern in beide Richtungen der Wertschöpfungskette, weil wir davon überzeugt sind, dass Erdgas die Energie in eine klimafreundliche Zukunft ist.

Dass Erdgas im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern eine positive Umweltbilanz aufweist, ist schon lange bekannt. Das gilt auch dann, wenn Gewinnung und Transport der Energieträger mit in Betracht gezogen werden. In Kombination mit den Erneuerbaren Energien bietet Erdgas somit Chancen, wie wir sukzessive den CO2-Ausstoß verringern und dem beim Klimagipfel COP 21 formulierten Ziel deutlich näherkommen können. Die Potenziale liegen z. B. im Bereich Transport und Logistik, wo Erdgas und LNG saubere Kraftstoffalternativen darstellen und sie liegen auch in der bereits vorhandenen Infrastruktur, die sowohl für Bioerdgas, synthetisches Erdgas und mit Power-to-Gas sogar als Stromspeicher genutzt werden kann. So bietet das Erdgas-Verbundsystem von heute die Brücke in eine dekarbonisierte Zukunft.

Letztlich kommt es darauf an, die Senkung des CO2-Ausstoßes wieder zur Leitwährung der Energiewende zu machen. Die Gaswirtschaft hat Antworten auf diese zentrale Frage: Effiziente Zukunftstechnologien, ausgebaute Infrastruktur und bezahlbare Energie können Klimaschutz wirksam und sozialverträglich machen. Diese Antworten müssen jedoch stärker im politischen Diskurs verankert werden.

Europa schaut auf die deutsche Meinung, aber die deutsche Politik hält sich derzeit zurück mit einer Positionierung. Wir wissen: Erdgas kann mehr! Deshalb engagieren wir uns weiterhin auf allen Ebenen für diesen Energieträger und für eine realistische und klimafreundliche Energiepolitik.

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Anteil der Energieträger an Stromerzeugung in Deutschland