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15.11.2016 12:24 Alter: 7 yrs

Erdgas ist Teil der Klimawende

Der Entwurf des Klimaschutzplanes 2050 steht in der gesellschaftlichen Diskussion. Auch der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. bringt sich als Vertreter der Branche in die aktuelle Debatte ein. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz von Erdgas im Gebäude- und Mobilitätssektor sowie auf den Infrastrukturen. In einer aktuellen Wortmeldung unterstreicht der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Gerald Linke die Position der Branchenunternehmen zum Entwurf eines Klimaschutzplanes 2050. Foto: Bettina Fürst-Fastré


Grundsätzlich steht der DVGW zu dem in Paris vereinbarten und bereits ratifizierten weltweiten Klimaschutzabkommen. Er unterstützt die Intention des Klimaschutzplan 2050, tragfähige Strategien und transformative Pfade zum Erreichen einer weitgehenden Klimaneutralität aufzuzeigen. Erdgas ist der emissionsärmste fossile Energieträger. Durch die Substitution von Erdgas durch erneuerbare Gase (Biomethan, EE-Gas, synthetische Gase, …) wird der Klimavorteil weiter verstärkt und zu einer robusten Strategie für die Erreichung der Klimaziele.

Klimaschutz mit Erdgas im Wärmemarkt

In einer wirklich ernst gemeinten Strategie zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen ist Erdgas ein zentraler Baustein. Bezogen auf den Kohlenstoffgehalt beinhaltet Erdgas von allen fossilen Energieträgern die meiste Energie - ein entscheidendes Kriterium, auf das wir uns zum Erreichen der Klimaschutzziele fokussieren müssen. Es ist an der Zeit, sich von veralteten Denkstrukturen zu lösen: Nicht die Kategorie ‚fossil‘ ist das Problem, sondern ‚CO2-intensiv‘. Statt Energieträger kategorisch in gute Erneuerbare und schlechte Fossile einzuteilen, sollten wir uns an ihrem Beitrag zu einer effizienten Klimawende orientieren.

Insbesondere im Wärmemarkt wird die zentrale Rolle des Energieträgers Gas zur nachhaltigen CO2-Emissionsreduktion nicht hinreichend anerkannt. In Deutschland entfallen rund 40 % des Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen auf den Wärmemarkt. Ersetzt man zehn Millionen veraltete Heizkessel bis 2020 durch moderne Erdgastechnik und verwendet davon bei zehn Prozent Bio-Erdgas, könnten Einsparungen von bis zu 45 Millionen Tonnen CO2 erzielt werden. Der zentrale Schlüssel zum Erreichen der Klimaschutz- und Energiewendeziele liegt deshalb in der Modernisierung des Heizungsbestandes.

Statt aber ein klares Zeichen für Technologieoffenheit zu setzen, gehen die Vorgaben für den Wärmemarkt viel zu einseitig von einer umfassenden Elektrifizierung des Gebäudesektors auf Basis erneuerbarer Energien aus. Einfach zu realisierende, kostengünstige und klimaschonende Effizienzmaßnahmen im Wärmemarkt lässt man fahrlässig liegen.

Mit anderen Worten: Die „low-hanging fruits“ und ihr Beitrag zum Klimawandel mit sofortiger Wirkung, zur Verbesserung der Luftreinheit und Effizienzsteigerung werden noch viel zu oft übersehen. Potenzial im Mobilitätsmarkt erschließen Auch das Potenzial von Gastechnologien in der Mobilität wird im Klimaschutzplan zu wenig berücksichtigt. Dabei verursachen erdgasbetriebene Pkw rund ein Viertel weniger CO2-Ausstoß als Benziner und würden sogar nahezu klimaneutral fahren, wenn sie mit regenerativem Erdgas betrieben würden. Noch deutlicher wiegen die Vorteile von Erdgas als Klimaschutzoption im Schwerlastverkehr mit seinen stark auf der Dieseltechnologie basierenden Antriebskonzepten. Hier könnte verflüssigtes Erdgas – auch Liquefied Natural Gas oder kurz LNG – mit seinem Emissionsminderungspotenzial punkten.

Im Schwerlastverkehr sind in den nächsten Jahren keine sinnvollen und wirtschaftlichen Antriebstechnologien auf der Basis von Strom oder Wasserstoff in Sicht. Insbesondere für schwere Lkw, aber auch für Busse und andere Flottenfahrzeuge, ist LNG ein bereits heute einsatzbereiter und sicherer Kraftstoff, entsprechende Fahrzeugtechnologien sind ausgreift. LNG gewinnt auch durch immer strengere Emissionsregelungen an Bedeutung. Im Vergleich zu Diesel werden bei der Verwendung von LNG die Feinstaub-Emissionen um fast 100 Prozent, Stickoxide um 80 bis 90 Prozent sowie der CO2-Ausstoß um fast 25 Prozent reduziert.

Mehr Einsatz gasbasierter Technologien

Gasbasierte Technologien zählen heute zu den effizientesten im Energiebereich. In diesem Szenario sind die bestehenden Gasinfrastrukturen und -techniken der komplementäre Partner zu den noch aufzubauenden Infrastrukturen (Netze, Erzeugung, Speicherung) der erneuerbaren Energien im Stromsektor. Der DVGW begrüßt und unterstützt deshalb im vorliegenden BMUB-Hausentwurf ausdrücklich:

1. die robuste Strategie der „erneuerbaren Gase“;
2. die formulierten Ausbauziele der Kraft-Wärme-Kopplung;
3. die Anerkennung der hohen Effizienz der Gas-Brennwerttechnik;
4. das Petitum für schnell regelbare Gaskraftwerke und
5. die Nennung von Power-to-Gas als notwendige Technologie zum Gelingen der Sektorenkopplung.

Gerade durch die Verknüpfung von (1) mit (2) - (5) entstehen neue Flexibilitätsoptionen. Gastechnologien sind damit mehr als nur eine „Brücke“, sondern werden zu einer belastbaren Strategie zur Erreichung der Klimaziele. Dennoch: Eine konsequente und konsistente Umsetzung dieser genannten „robusten“ Strategien auch in Maßnahmen fehlt überwiegend, bzw. wurde nicht durchgängig implementiert. Ja, teilweise widersprechen einzelne Maßnahmenansätze diesen genannten Strategien. Für den DVGW bleibt festzuhalten: Der vorliegende Entwurf des KSP 2050 ist diesbezüglich nicht aus einem Guss.

Impulse des DVGW zum Hausentwurf

Das Gasfach gibt deshalb zum Hausentwurf des BMUB des Klimaschutzplanes 2050 folgende Impulse:
1. Der im KSP 2050 mehrfach angesprochene angeblich notwendige Verzicht auf Gasheizungen und andere Gastechnologien ist sachlich unbegründet. Er steht im Widerspruch zu der robusten Strategie der Sektorenkopplung und der Strategie der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Gase und dem Ansinnen auf kostengünstigen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnen. 2. Diversifizierungsstrategien sind stärker zu etablieren und technologieoffene Lösungen zu präferieren. Eine Fokussierung fast ausschließlich auf strombasierte Lösungen ist nicht problemlösend! 3. Stärkere Verankerung des Gaspfades als robuste Strategie, insbesondere in den Sektoren Energie, Gebäude (Wärme) und Mobilität. 4. Stärker energiesystemische und energieinfrastrukturübergreifende Betrachtungen aufnehmen – „Von den Infrastrukturen her denken“. 5. Überarbeitung des KSP 2050 hinsichtlich Konsistenz.

Ein Klimaschutzplan sollte auch den Blick auf die Infrastrukturen beinhalten. Wissenschaftler aus dem Strom- und Gasfach sind sich weitgehend einig, dass unser Energiesystem der Zukunft aus Strom- und Gasinfrastrukturen bestehen muss. Durch die Kopplung beider kann Klimaschutz deutlich schneller erreicht werden. Sektorenkopplung bedeutet u. a., Gas-, Strom-, Wärme- und Mobilitätsinfrastrukturen physisch mit dem Ziel zu verbinden, um die jeweiligen Stärken jedes Sektors optimal einzusetzen. Erneuerbare Energien werden damit systemdienlich, gesamtökologisch und makroökonomisch wirksam in allen Sektoren nutzbar gemacht. So wird Sektorenkopplung zu einem integrierten Dekarbonisierungsprojekt. Eine einzige Energieinfrastruktur alleine wird dazu nicht ausreichen.
Die Stellungnahme des DVGW kann hier heruntergeladen werden: www.dvgw.de/gas/sicherheit-und-umwelt/umwelt-und-klimaschutz/