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10.08.2012 15:47 Alter: 12 yrs
Kategorie: Digitalisierung

Kooperationen erleichtern Umstieg auf Erneuerbare Energien

Eine aktuelle Deloitte-Studie „Grüne Kooperationen: Stadtwerke und ihr Beitrag zur Energiewende“ zeigt: Erneuerbare Energien (EE) rücken in den Fokus kommunaler Energieversorger. Die Energiewende bedeutet auch für Stadtwerke Herausforderung und Chance zugleich. Sie planen den Ausbau ihrer Kapazitäten in diesem Bereich und versuchen ihr Stromportfolio entsprechend neu auszurichten. „Kooperationen im Bereich der Erneuerbaren Energien minimieren technische Risiken und optimieren Kosten. Positionieren sich die Unternehmen strategisch in neuen Wachstumsfeldern, können sie höhere Renditen erzielen und generieren damit Wettbewerbsvorteile“, erläutert Hans-Günter Wolf, Partner und Leiter Energy & Resources bei Deloitte.


Grafik: deloitte

Deutsche Stadtwerke stellen aktuell etwa zwei Prozent der gesamt installierten Erneuerbaren-Energie-Leistung (62 GW) – diese wird bis 2020 voraussichtlich auf rund 111 GW steigen. Um ihren Anteil an der Gesamtproduktion halten zu können, müssten die Versorger mindestens zwei Milliarden Euro in ihren Kapazitätsausbau investieren. Große Energieversorger stehen vor der Herausforderung, ihren Anteil an regenerativen Energien in ihrem Stromportfolio zu erhöhen. Die Mehrheit (87%) der befragten Stadtwerke will ihre Eigenerzeugungskapazitäten bis 2020 ausbauen und in eigene Anlagen investieren. Während große Stadtwerke aufgrund von Markt- und Kundenanforderungen ihr Energieportfolio in Richtung Erneuerbare Energie entwickeln, unterliegen mittlere und kleine Stadtwerke hier viel stärker dem Einfluss lokaler Politik. Kommunale Interessen sowie die Akzeptanz der Bevölkerung spielen allerdings größenunabhängig eine wichtige Rolle. Ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein ist für die Mehrheit der Befragten kein wesentlicher Treiber ihrer Unternehmensausrichtung.

Rentabilität als Kernmotiv für Kooperationen
 Stadtwerke sehen in der Erreichung von Rentabilitätszielen den wesentlichen Treiber für eine Kooperation, denn eine höhere Rendite führt zu Wettbewerbsvorteilen innerhalb der Stadtwerkelandschaft. Erneuerbare-Energien-Projekte bieten jedoch keine Renditegarantie. Zur Minimierung von Rentabilitätsrisiken der regenerativen Energien arbeiten vor allem große Stadtwerke bei Kooperationen häufig mit anderen Stadtwerken und Verbundunternehmen zusammen. Finanzinvestoren oder Anlagenbauer werden als Kooperationspartner bisher kaum von den Energieversorgern berücksichtigt. Für kleine Stadtwerke sind wirtschaftliches Wachstum und das eigene Image weitere wichtige Aspekte, sie zielen auf die kommunale Vernetzung und den direkten Bürgerkontakt. Der Technologiefokus liegt bei Photovoltaik und Onshore-Windprojekten, aber auch andere regenerative Technologien werden von Stadtwerken aller Größenordnung als zukunftsrelevant eingestuft. Besonders häufig kooperieren Stadtwerke bei On- und Offshore-Windkraftprojekten. 

Eigenerzeugungskapazitäten zu niedrig
 Kleinere Stadtwerke weisen überdurchschnittlich geringe Eigenerzeugungskapazitäten auf und decken den Großteil ihres Stromabsatzes über Fremdbezug ab. Mittlere Stadtwerke zeigen keine einheitliche Positionierung und halten häufig einen Mix aus Eigenerzeugung und Fremdbeschaffung in ihrem Portfolio. Größere Stadtwerke sind im Bereich der konventionellen Eigenerzeugung stärker vertreten, weisen jedoch einen geringen Anteil von EE im Stromportfolio auf. 

Die Eigenerzeugung aus Erneuerbaren Energien stellt somit ein bislang wenig besetztes Feld in der strategischen Positionierung dar. Dabei bietet sie engagierten Stadtwerken ein potenzielles Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zum Wettbewerb und steigert die Unabhängigkeit von Strombeschaffungskonditionen. Gleichzeitig nimmt die Abhängigkeit von politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen bei der Eigenerzeugung aus Erneuerbaren Energien jedoch zu.

Grafik: deloitte

Leitmotive
 Die Stärkung der regionalen Wertschöpfung ist vorrangig für kleinere Stadtwerke ein Leitmotiv ihrer Unternehmensstrategie, größere EVU orientieren sich stärker an ihren eigenen Potenzialen und legen hohen Wert auf das Standortpotenzial zur Realisierung von EE-Projekten. Regionale Wertschöpfung steht für sie nicht im Vordergrund. Zur Realisierung von EE-Projekten finden die Stadtwerke unterschiedliche Ansätze. Bei großvolumigen Offshore-Windprojekten wird die Wahl eines Generalunternehmers favorisiert. Für kleinere, dezentrale EE-Projekte bietet sich die intensive Zusammenarbeit mit dem lokalen Handwerk an, so lässt sich die regionale Wertschöpfung positiv steigern. 

Eine Bewertung der Marktfaktoren zeigt, dass vorwiegend große Stadtwerke die Direktvermarktung von EE-Strom als Bestandteil ihrer strategischen Positionierung sehen. Kleinere EVU haben das Potenzial dieses neuen Vermarktungsinstrumentes noch nicht erkannt. Obgleich mittlere und kleinere Stadtwerke sich stärker von Wettbewerb und Kundenwechselquoten getrieben sehen, messen sie der Direktvermarktung als neuem Vertriebskanal derzeit eine geringe Bedeutung zu. 

Der richtige Kooperationspartner
 Die Wahl des richtigen Kooperationspartners bildet die Basis einer erfolgreichen Kooperation und stellt eine besondere Herausforderung im kommunalen EVU-Umfeld dar. Ein „falsch“ gewählter Kooperationspartner gefährdet die Zielerreichung und kann zum Scheitern der Kooperationspläne führen. Gleichzeitig sind die Erwartungen an den Kooperationspartner – wie die Erreichung von Rentabilitätszielen und die Generierung von Wachstum – überaus anspruchsvoll und nicht selbstverständlich zu erreichen. Erfolgsfaktoren einer Kooperation somit allein auf die Wahl des Kooperationspartners zu beschränken, wäre daher zu kurzsichtig und entspräche nicht der Realität. Stadtwerke sollten ihre Kooperationspartner nicht nur innerhalb der EVU-Landschaft suchen, sondern durch Kooperationen auch branchenfremdes Know-how nutzen. Dies kann speziell in technologieintensiven Arbeitsbereichen zu Potenzialgewinn und durch eine innovative Herangehensweise langfristig zur Stärkung ihrer Wettbewerbsposition führen. Insbesondere die zum Teil noch junge EE-Branche profitiert von einer Zusammenführung von kommunalen Alleinstellungsmerkmalen wie Akzeptanz und Kundennähe mit Technologie- Know-how und Betriebserfahrungswerten.

Kooperationsaktivitäten zügig in die Betriebsphase überführen
 Bei vielen EE-Technologien – insbesondere bei Onshore-und Offshore-Wind – fokussiert sich die derzeitige Kooperationsaktivität der Stadtwerke auf Lebenszyklusphasen vor dem eigentlichen Betrieb der Anlagen. Zwar sind Planung und Errichtung Phasen, in denen sich Kooperation u. a. durch Knowhow- Transfer, Beschaffungs- und Ressourcensynergien besonders auszahlen kann. Sie sind jedoch auch sehr kapitalintensiv und generieren ohne Stromproduktion noch keine Erträge. Ziel der Stadtwerke sollte daher eine Minimierung des Risikos einer verzögerten Inbetriebnahme sein, Kooperationen können dabei als wichtiges Mittel angesehen werden. Projekte im Bereich Offshore- Wind und Biogas werden überdurchschnittlich häufig durch Finanzbeteiligungen realisiert, hier stehen Renditegesichtspunkte im Vordergrund. Der operative Betrieb der Anlagen bzw. die Aufnahme in das eigene Erzeugungsportfolio stehen bei einer reinen Finanzbeteiligung nicht im Zielkorridor. Die Fokussierung kommunaler Kooperationsaktivitäten auf reine Finanzbeteiligungen im EE-Bereich sollte durch die Bildung von Joint Ventures oder direkten Beteiligungen mit Strombezug relativiert werden. Dies kann zu einer schnelleren Integration der EE in das Geschäftsmodell der Stadtwerke führen und durch die Aufnahme von EE-Strom in das eigene Stromportfolio bietet die Direktvermarktung neue Vertriebskanäle für kommunale EVU. 

Die Marktstudie verdeutlicht, dass Kooperationen eine Option sind, die unternehmensspezifischen Projektund Rentabilitätsziele zu erreichen und sich strategisch in neuen Wachstumsfeldern zu positionieren. Kleinere Stadtwerke fokussieren sich insbesondere auf die Förderung regionaler Projekte und nutzen diese oftmals zur direkten Einbeziehung der Kunden über Bürgerbeteiligungsmodelle. Große Energieversorger planen im Vergleich häufiger überregionale Projekte und setzen ihre Kompetenzen in komplexeren Vorhaben ein. Für die Studie wurden über 90 Stadtwerke verschiedener Unternehmensgrößen sowie Verbandsvertreter zur Zielsetzung und Ausgestaltung derartiger Kooperationen befragt. 

Autoren der Studie: Hans Günter Wolf, Dr. Vanessa Grimm-Rohn 

Informationen: Opens external link in new windowwww.deloitte.com/de