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30.04.2013 18:03 Alter: 11 yrs
Kategorie: Grüne Gase

Effizienz und Transparenz der deutschen Wasserwirtschaft: Welche Konzepte bietet die Branche?

Kundenbilanz und Kalkulationsleitfaden Ein Diskussionsbeitrag von Gunda Röstel, Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden GmbH und Vorsitzende des Fachausschusses Wirtschaft im BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. zu Effizienz und Transparenz der deutschen Wasserwirtschaft.


Foto: Stadtentwässerung Dresden GmbH
Übersicht Struktur Kundenbilanz Trinkwasser
Übersicht Struktur Kundenbilanz Abwasser, beide Quelle: BDEW, Civity Management Consultants

Ist die Wasserwirtschaft ineffizient und deshalb zu teuer? Der Trink- und Abwassersektor ist einer der bedeutendsten Infrastrukturdienstleister in Deutschland. Geboten werden landesweit gleiche Qualität und Sicherheit der Dienstleistung bei unterschiedlichen Ausgangsbedingungen. Mit über 75.000 Beschäftigten und einem jährlichen Auftragsvolumen von rund 4,6 Mrd. Euro kommt dem Trink- und Abwassersektor auch als Arbeit- und Auftraggeber eine wichtige Rolle zu. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Wettbewerb und Regulierung im Energiebereich sowie ersten Kartellverfahren gegen Wasserversorgungsunternehmen rücken jedoch die Fragen nach Effizienz und Transparenz in der deutschen Wasserwirtschaft und nach Konzepten, diese zu beantworten, stärker als bisher in den Mittelpunkt.


Defizite in der Kommunikation

Bundesweit wurde festgestellt, ein generelles „Belastungsgefühl“ bei den Ausgaben korreliert nicht mit den tatsächlichen Zahlen (siehe BDEW-Kundenbarometer 2011). Auf die Frage, ob Wasserkunden die Höhe ihres jährlichen Wasserverbrauchs kennen, antworten nur 35,8 % der Kunden mit ja. Bei der Frage nach der Höhe ihrer jährlichen Ausgaben für Leitungswasser sind die Antworten noch ernüchternder: lediglich 24,9 % der Befragten kennen ihre jährlichen Ausgaben. Die Schlussfolgerung: Tarifhöhe, dahinter stehende Leistungen und die daraus resultierenden Kosten sind öffentlich kaum kommuniziert.

Viel zu wenig verständlich wurden gegenüber Bürgern, Politik und Medienöffentlichkeit zudem die vielfältigen Anstrengungen dargestellt, die mit Benchmarkprojekten in der Unternehmens- und Prozessoptimierung zu spürbaren Erfolgen führten. Immerhin bewegen sich die Tarife im Trink- und Abwassersektor seit Jahren insgesamt in der Regel deutlich unter der allgemeinen Inflationsentwicklung. Dennoch muss sich die Wasserwirtschaft immer wieder neu, besser und vor allem verständlicher als bisher den völlig berechtigten Anforderungen nach Transparenz und Effizienz stellen.

Instrument Kundenbilanz

Mit der Kundenbilanz hat die Branche ein Instrument mit dem Ziel entwickelt, Transparenz gegenüber Verbrauchern und Politik durch eine methodische Darstellung von Leistungs-, Qualitäts- und Strukturmerkmalen der Wasserwirtschaftsunternehmen zu schaffen. Dazu zählt die Quantifizierung des Einflusses dieser Merkmale auf die Kostenstruktur sowie die Erläuterung von Preis- und Gebührenunterschieden. In einer systematischen Methodik wird aufgezeigt, welche Auswirkungen strukturelle Rahmenbedingungen, Leistungs- und Qualitätsmerkmale sowie unterschiedliche Kalkulationsansätze auf die Ausgaben der Verbraucher haben.

Parameter wie Qualität, Ressourcenschutz, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Service, die in reinen Preisvergleichen in der Regel nicht die notwendige Beachtung finden, erhalten so einen Wertmaßstab. Die Kundenbilanz kann so wesentlich dazu beitragen, den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort transparent und nachvollziehbar zu verdeutlichen, wie die jeweiligen Ausgaben zustande kommen und wofür sie notwendig sind.

Instrument Kalkulationsleitfaden

In den bisher üblichen, oft recht oberflächlichen Preisvergleichen wird auch der Thematik Kalkulationsgrundlagen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Das kann zu erheblichen Fehleinschätzungen führen. Die Nutzung unterschiedlich möglicher Abschreibungszeiträume, die Verwendung von Anschaffungs- oder Wiederbeschaffungswerten beim Kapitaldienst oder die Frage der Eigenkapitalverzinsung spielen bei der Preiskalkulation eine nicht unwesentliche Rolle. Nicht zuletzt schlagen sich unterschiedliche Wege der Investitionsfinanzierung von der Subventionierung aus dem Steuersäckel bis hin zur Aufnahme von Krediten am Kapitalmarkt auch unterschiedlich in den tarifbeeinflussenden Kapitalkosten nieder.

Um den Wasserwirtschaftsunternehmen selbst, aber auch den Behörden eine methodisch und betriebswirtschaftlich ebenso sinnvolle wie brauchbare Orientierung zu geben, wurde aufbauend auf vielfältigen Vorarbeiten innerhalb der Verbände und unter Berücksichtigung gesetzlicher Rahmen das Instrument Kalkulationsleitfaden erarbeitet.

Dieser bietet in gut nachvollziehbarer Form einen Überblick zum Einfluss einzelner Parameter auf die Tarifbildung sowie eine Anleitung zu Kalkulationsmöglichkeiten. Angenommen, zukünftige Preiskalkulationen orientierten sich an diesem Leitfaden, dann würden Tarifunterschiede wahrscheinlich nicht nur geringer ausfallen, sondern auch einfacher erklärbar werden. Der Kalkulationsleitfaden stellt damit einen weiteren wesentlichen Meilenstein in der Beantwortung der eingangs benannten Anforderungen nach Transparenz und Effizienz dar.

Als natürliches Monopol unterliegt die Wasserwirtschaft berechtigterweise einer besonderen Aufmerksamkeit. Die Diskussion  zum Thema Wasserpreise zeigt, dass nicht nur bei den Kunden ein weitergehendes Informationsbedürfnis besteht. Die leistungsbezogene Objektivierung dieser Preisdiskussion kann mit den Instrumenten Kundenbilanz und Kalkulationsleitfaden deutlich geschärft werden. Damit stellt sich die Wasserwirtschaft offensiv den an sie gestellten Herausforderungen.

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